Josef G. Rheinberger schickt seinem Bruder das Buch "Kunst Bücher zu binden" und bittet ihn seine Familie zu grüssen von Schafhäutl, Perstenfeld, Pfarrer Wolfinger.


Brief Josef G. Rheinberger an seinen Bruder Anton


München, den 11.10.53
Theuerster Bruder!
Hiebei erhaltest Du Deinem Verlangen gemäss ein Buch 'Kunst Bücher zu binden' mit einem Anhang vom Vergolden u. Futteralmachen; somit glaube ich Deiner Anforderung zu entsprechen; das Buch musste erst von Leipzig geschickt werden und kostet 2 fl 15+er. Mit den Fileten ging es mir hart; ich war bei vielen Graveuren, bekam aber nirgends Abdrücke. Endlich bekam ich sie beim Silberarbeiter M. Wimmer, aber nur die ganze Musterkarte mit 400 verschiedenen Filetenabdrücken [1]. Auch diese bekam ich nur mit grosser Mühe u. ich muss sie Sonntags den 16ten d. M. wieder zurückstellen.
Der Preis ist auch überall angegeben z.B. 1/12 heisst ein Gulden 12+er - 2/15 = 2 fl 15 u.s.w.-

Wenn Du die Fileten bezeichnest, so schreibst Du mir die Nummer. Es würde mir sehr angenehm sein, wenn Du die Musterkarte am nämlichen Tage mir zuschicken würdest, wo Du sie bekommst; wenn Du noch Geld erübrigen kannst, so schicke es, damit Du desto mehr Fileten bekommst.-

Sage den lieben Geschwistern viele Grüsse von mir, besonders aber den 1. Eltern; dem Vater noch besonders viele Empfehlungen von Hr.Dr. Schafhaeutl, welcher mich diese Tage mit einem Besuche überraschte, nun aber wieder nach Traunstein gereist ist, um ein Dampfschiff zu probieren. -
Hr. Perstenfeld, welcher alle grüssen lässt, hat nun einen schönen Flügel gekauft. -

Hr. Pfarrer Wolfinger hat mich diese Tage besucht u. lässt alle schönstens grüssen, den 1. Vater u. Petern auch besonders. -
Ist General Hess angekommen? Heute Abends wird hier Kaiser Franz Joseph I. erwartet. -

Depross ist beim Schafhäutl verabschiedet worden, mit der Bemerkung, wiederzukommen, wenn er gerufen würde. - Das Oktoberfest ist nun vorüber, ich war öfters dabei - Samstags wird die Ruhmeshalle eingeweiht. An dem Industrie=Gebäude wird fleissig gearbeitet.-

Was macht die 1. Mutter? sie spinnt gewiss fleissig, dörrt 0 b s t (au, web!) ? Wie ist die Weinlese ausgefallen (D i e T r a u b e n) /au weh!/ (die N u s s) /au weh!).

Landesverwesers Louis u. Kommissär's Peppi sind gewiss nicht mehr in Vaduz?

Was macht das Lisi, Mali, die Seffa, das (das Maxentzili)[2] der David, Peter u. der ----- Toni!

Hof u. Kanzlei = Buchbinders Künstler der Haupt = u. Residenz Vaduz.

Lebt wohl

Euer Bruder Bepi od. Pepi od. Joseph Rheinberger.

______________

[1] Filetenabdrücke = Filete: :Stempel der Buchbinder mit bogenförmiger Prägeflache zum Aufdrucken von Goldverzierungen.
[2] Maxentzili = Diminutiv von Maxentia (Klostername von Johanna, der Schwester Rh's.)