Josef G. Rheinberger schreibt an seine Schwester, dass er Schmerzen am Fuss habe und Dr. Hauser ihm vorschlug kalte Umschläge zu machen.


Brief Josef G. Rheinberger an seine Schwester Elisabeth
3 & 8. April 1859, München


Sonntag den 3 Abrill 1859
Nachmittags 2 Uhr
Liebes Lisi!
Tein ledster Priff hatt müch der kefreit
Nun pin üch auch thier dsu schreipen pereut.
Fil lustike Sachen hascht Thu keschripen (z.B., dass üch fom Millidär pin vrei keblieben,) ihr Allee seiet kesunt, sammt Ross, Kuh und Ochs, Katz und Hunt.
Auch mihr gets nicht schlächt; so lang üch hap Gelt, mür in Minchen ser wool ess kefälld. Schwarzeugichde Schül'rinnen winschdescht Thu mir solche hap üch kenug allhier. Wenn ther Tavid all tiese würth sehen, stellte er sich wool auv die Zehen. Doch da er im Faduz ist keblibben, hadd er nücht Glegenheid sich zu ferlibben;so mus er nun Junkgeselle bleiben und inn der Gantzlei fiel Tintten verschreupen. Juche!. Ju-Ju, Juche!
Jetz geh ich in's Kaffe -
                          haus.
Vür häut weiss üch nichds tsu schreiben meer,
Auch üst das Tinddenvass schon leeeer.

den 8.4.59.
Gestern Abend kam zufällig Dr. Hauser zu mir; der sagte, ich solle kalte Umschläge über meinen wehen Fuss machen. Das hab ich auch gethan, und heute ist es besser. ein "bsundriga" Doktor [1]!
Wagus hat mich letzthin besucht; er hat mir zwei Stunden lang von seinem Aufenthalt in Ungarn vorschwadronirt.
Er hat hier nun eine zeitweilige Anstellung gefunden, d.h. wenn er nicht lügt.

Neues weiss ich nichts, was Dich nur einigermassen intressirte. Sonst etwas lasst sich immer besser plauschen als schreiben. Dem Mali werd' ich doch bald schreiben, das heisst, wenn ich genug Zeit finde, einen "schpassigen" Brief zu schreiben. Für heuer werde ich wahrscheinlich nicht nach Hause kommen können. Schreibt mir dafür im Sommer desto fleissiger, ich werde dann auch fleissiger schreiben.
Dem David und Anton bin ich, glaube ich, auch noch Briefe schuldig.
Jetzt muss ich essen, und nach dem Essen in's "Gschäft" - desshalb Adie' od. adieux oder Addie, oder Sesseledada. Dein Dir die Erfüllung aller Wünsche wünschender Bruder
G.J. Rheinberger
München den 8 ApRiLe
1000, 800 und 8 und 50.

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[1] ein "Bsundriga" Doktor! = ein ganz besonderer (auch im Sinne von "sonderbarer") Doktor!