Brief Josef G. Rheinberger an seinen Vater
3. April 1856, o.O. [München]
Theuerster Vater!
Vorgestern übergab mir der Peter in Ihrem Namen 50fl, für die ich Ihnen, Bester Vater! herzlichst danke. Ich werde 44fl davon Hr. Perstenfeld (pro m.: 15. April bis 15. Juni) zukommen lassen, weil er mir sagte, dass er sich mit dem Hauszins hart tut. Peter las mir aus Ihrem Briefe nur Weniges vor, unter anderem auch,. dass Sie, Bester Vater! wissen möchten, wie meine Finanzen bei Banquier Maier u. Comp. [1] stünden. Ich weiss es so genau nicht, habe aber seit Maiers Reise einmal 27, einmal 20fl (=47fl) bezogen. Auch hat Hr. Pfarrer Wolfinger durch den Peter mir 10fl einhändigen lassen, die also auch zu Maier's Rechnung gehören. -
Gegenwärtig habe ich noch immer an der Frankfurter Aufgabe zu thun, welche bis Ende d.M. 4fach abgeschrieben, eingeschickt sein muss. Wenn Hr. Generaldirektor Lachner sich nicht so Zeit liesse, wäre sie schon abgeschickt. - Mein Nächstes wird es sodann sein, -meine Conzert=Ouvertüre zur Aufführung zu bringen, und meine grosse C-moll Sinfonie fertig zu arbeiten. Der Text meiner kleinen Oper ist an die Königstädter Bühne in Berlin eingeschickt worden, und sollte er conveniren, so wird meine Partitur nachgeschickt und dort aufgeführt. Vorerst weiss nur Hr. Prof. Schafhäutl darum. Es muss nun jeden Tag Antwort eintreffen, die - vielleicht auch abschlägig sein kann. - Hr. Prof. Herzog in Erlangen soll leider schwer krank sein. Ich hatte mich auf seine Ankunft zu Ostern gefreut, nun aber konnte er nicht kommen. - (Auch Pfingsten gehe ich nach Türkenfeld!) Peter war über Ostern in Türkenfeld, ich konnte aber leider nicht mitgehen, weil der Oratorienverein auf den h. Gründonnerstag ein Miserere einstudirte, und in der Basilika aufführte - auch am 31.1.M. im grossen Odeonsconcertsaale ein Concert zum Besten der Armen gab, wo ich die Orgel mit spielen musste. -
Für die Basilika componire ich gegenwärtig eine kleine Messe für 4 stimmigen Chor; für später bin ich willens eine grosse Messe -mit Orchester zu comp[oniren] und alle meine Kräfte dazu aufzubieten. -
Auf den Monat Juli freue ich mich sehr, nämlich: wegen der "Heimfahrt" wo ich hoffe, alle l[ieben] Angehörigen, besonders aber Sie, Geliebteste und Theuerste Eltern! gesund und zufrieden anzutreffen, was der Allmächtige verwirklichen möge!
Ihr dankschuldiger Sohn
Jos. Rheinberger 3.4.56.
(Mali, Lisi und Toni sollen Neuigkeiten schreiben!)
______________
[1] Banquier Maier & Comp.
= Humoristisch für J.J.Maier, der seine Finanzen verwaltete.