Polizei- und Landsordnung


Policey- und Landts-Ordnung [1]

vom 2. September 1732

Von GOttes Gnaden etc. Wür Joseph Johann Adam des Heiligen Römischen Reichs Fürst und Regierer des Hausen von- und zu Liechtenstein von Nicolspurg, in Schlesien zu Troppau und Jägerndorff Hertzog, Graff zu Rittberg, Ritter des goldenen Vlieses, Grand von Spanien der Ersten Class, der Römis. Kayserl. und Königl. Catholis. Majest. würcklich geheimbder Rath etc. etc. Entbiethen allen Unsers Fürstenthumbs Liechtenstein Ober- und Nider-Beambten, Bedienten, Unterthanen und Anverwandten Unsern gnädigen Gruss und Gnad zuvor und geben denselben zu wissen.

Demnach Wür mit sonderbahrem Missfallen durch verschidene Klagden und uns unterthanigst vorgebrachte Beschwehrungen anhören und verspühren müssen, dass nicht nur allein die bevorige Alte gantz Löbliche Policey- und andere Ordnungen so schlecht mehr gehalten, sondern auch die eine Zeithero ergangene Herrschafftliche Befelch, Gebott und Verbott zu Schmählerung Unserer Landts-Fürstlichen Autorität und des Landes nicht geringen Schaden, Ruin und Verlurst [!] des Zeitlichen und endlichen auch des Ewigen selbsten so wenig Respectieret und geachtet worden, dass bey längerem Nachsehen zumahlen nicht nur in einer jeden Gemeindt, in einem jeden Dorff, ja fast in einem jeden Hauss nichts anders als die beständige Uneinigkeit, Unfriden, Zanckerey, Hass und Neyd, Verfolgung, ungeheures Fluchen, Schwören und Gottslästern, die Nächtliche Schlupf-Winkel Zusammenkunfften, hin- und her Wandlungen, bey welchen nichts anders als allerhand Bubereyen, Zanckereyen, Spihlen, Sauffereyen und Ehrabschneidungen getriben und endlichen wohl gar alle Leichtfertigkeiten, Ehebruch, Dieberey, Hex- und Hurereyen daraus entspringen; Aller Sinn und Gedancken im Schwung gehet, seinen Neben-Menschen höchst-sträfflich Dieberischer Weis zu beschädigen, allerhand Ungebühr, Unzüchtige oder auch Ehrlichen Leuthen zu Verkleinerung und Schaden gereichende unwahrhaffte, schädliche, ärgerliche, neyd- und hässige, argwohnische Reden und Werck zuverüben suchen, leyder endlich nichts anders als eine allgemeine Landts-Straff durch den gerechten Zorn GOttes zu besorgen; Als würdet zu Fürkomm und Abwendung dessen von Landts-Fürstlicher Herrlichkeits wegen hiermit alles Ernsts bey nicht nur hiebevor angesetzten Straffen und Busen, sondern je nach befindenden Dingen bey Landts-Verweisung, Leib- und Lebens-Pöen, Confiscation der Güther, auch Pöen der Rebellion, allen und jeden unseren Unterthanen, Haus-Vatteren und Mütteren, Würthen, Maisteren, Vögten, Ein- und Hinter-Sässen ermelten Unsers Fürstenthums austrucklichen auferladen und gemessen anbefohlen, dass

Erstlichen;

GOttesdienst

Männiglich Jung und Alt die es Leibs- und Schwachheit halber vermögen alle hohe Fest-, Sonn- und Feyertäg nicht nur die Kirchen gewöhnliche Mess und Predig zu deren eigenen Seelen-Heyl fleissig und unberhinderlich besuchen, sondern auch alle Hauss-Vätter und Mütter Ihre Kinder beyderley Geschlechts, Geschwisterte, Anverwandte, Knecht, Mägd auch eines höchern Alters und alle die, worüber sie in ihrem Hauss-Weesen zu befehlen und Sorg zu tragen haben, so offt zu gewisser Zeit und Stund ein Kinder-Lehr, Rosenkrantz oder andere gute Andacht gehalten würdet, fleissig schicken und keines ausbleiben, sondern ermelten GOttes-Dienst, Predig, Kinder- oder Christen-Lehr mit Ehrenbiethigkeit und Fleiss anhören, den Rosenkrantz mit Andacht bettten, auch diejenige, so sich des Sommers meistens im Gebürg aufhalten, bey ihrer nacher Hausskunfft den GOttes-Dienst, Kinder-Lehr und Predig mehrers besuchen sollen; Ferner soll auch unter wehrendem GOttes-Dienst, es seye des Morgens unter der Mess, Predig oder Abends unter der Vesper oder Rosenkrantz, zu was Zeiten es wolle, so balden man in die Kirchen zusammen geleuthet haben würdet, neimanden [!] weder Tantzen, Springen, Zechen, Keglen, Spihlen noch andere Kurtzweil oder Uppigkeit treiben, nicht vor der Kirchen oder auf der Gassen sitzen oder stehen, sondern Männiglich, so nicht sonderlich davon verhindert ist, dem GOttes-Dienst fleissig beywohnen und diejenige so nothwendig zu Hauss bleiben müssen, unter diser Zeit sich eingezogen, still und unärgerlich in seinem Hauss, oder wo er ist, enthalten, widrigenfalls und wo all disem ein oder das Andere zu wider thäte, der Obrigkeitlich unnachlässigen Straff und zumahlen schwerer Verantwortung gegen GOTT in jener Welt bey Ihrer Seelen-Heyls-Gefahr unterworffen seyn sollen; Und damit die Schuldige ihren wohl-verdienten Lohn empfangen, als befehlen Wür hiermit allen Unseren Ambt- und Gerichts-Leuthen, auch Geschwornen und Waiblen alles Ernsts besonders auf die Hauss-Vätter und Mütter gute Achtung zu geben, dieselbe wie auch andere Ubertrettere dieser Gebott Unseren Ober-Ambt-Leuthen an- und vorzubringen und daran nicht fahrlässig zu seyn bey ihren Pflichten und Ayden, womit Sie Uns verbunden seynd; Worbey aber auch all Unsere Inngesessene Ordens-Leuth, sambtliche Priester und insonderheit Seel-Sorger erinneret werden, dass Sie das Volck durch deren fleissig und eyferigen Predigen, Christen- und Kinder-Lehr zum Guten zu ermahnen und hingegen von dem Bösen abzuwahrnen, Sich auch angelegen seyn lassen möchten.

Zum Andern;

Krämer

Ordnen und wollen Wür auch, dass weder Krämer, Becken, Brodt-Trager, Brandtwein-Schencker noch andere Morgens unter der Mess oder Predig bey Straff und, wann einer zum andern oder drittenmahl betretten wurde, wohl gar bey Confiscation der Waaren nicht fail haben solle.

Zum Dritten;

Fuhr-Leuth

Dieweilen die in Unserem Fürstenthum inngesessene Fuhr-Leuth sowohlen als die Frembde bishero an Sonn- und Feyer-Tägen mit Versaumung des Heiligen GOttes-Diensts sich des Fuhr-Wercks unverantwortlicher Weis unternehmen, zumahlen auch etwelche die ungewöhnliche Strassen zur Entführung Unsers Zolls gebrauchet, denen würdet bey Pöen der Confiscation deren Gütheren, so Sie führen, aufferladen die gewöhnliche und Ordinari-Land-Strassen, damit der gebührende Zoll erstattet werde, zu fahren, allen aber bey Straff Pfund Pfenning verbotten, dass Sie an keinem Sonn- oder Feyer-Tag bis zu Endigung des Heiligen GOttes-Dienst fahren, sondern solchem zuvor fleissig abwarten, bis dahin die zu dem Ende gefertigte Schrancken gesperret bleiben sollen.

Zum Vierdten;

Hanpf-Schlaizen und Kunckel-Stuben

Weilen behörter massen das Hanpf-Schleissen, Kunckel-Stuben auch Nächtlich- und sonsten unzulässige Zusammenkunfften der daraus entstehenden grossen Ublen eine vilfältige Ursach und Gelegenheit geben; Als würdet denen Eltern, Hauss-Vätter, Mütter und Vögten gemessen aufferladen, dass jedes deren Kinder und Ehehalten beyderley Geschlechts damit Sie nicht zu anderen in die Thänn, Stall und Winckel zum Schlaizen oder fürdershin zum Spinnen oder Nähen kommen in seinem Hauss und Verwahr behalte und die schuldige Arbeit daselbsten verrichten lasse oder da doch eine Gemeynde oder Nachbarschafft eine ehrliche Zusammenkunfft, Schlaize oder Kunckel-Stuben ansehen wurde, zu welcher auch anderer benachbahrten Freunden-Kinder und Ehehalten, Knecht oder Mägde zusammen kommen wollten, selbe anderst nicht als öffentlich auf dem Platz bey einem Stengl oder andern Feuer mit gebührender Zucht und Ehrbarkeit auch nicht längers als höchstens 11 Uhr in die Nacht und so man in denen Kunckel- oder Höff-Stubeden beysammen dieselbe in Gegenwart der Hauss-Vätter oder Hauss-Mütter ohne Gespahnschafft der Jungen Knaben und Knechten gehalten und zu Ende dessen von jedem der Weeg nacher Hauss ohne weitheren Umschweiff in Ruhe und Stille genommen und der Hauss-Vatter oder Mutter auf beschehene Ankunfft der Kindts oder Ehehaltens, so es besonders auf der Gassen umbstreiffend gefunden wurde, zur Red gestelt und jedes nach befindenden Verbrechen abgestrafft, widrigen Falls selbe vor Unser Ober-Ambt zur gebührenden Verantwortung und Buss gezogen werden solle.

Zum Fünfften;

Das Nächtliche Gassenlauffen

Solle nicht nur das Schlaizen und andere Arbeith welche zu solchen Zusammenkünfften Anlass gibet in denen Wincklen zuverrichten gänzlichen abgestelt, sondern auch bey Nächtlicher Weil alle unnöthige Handel und Wandel hoch verbotten seyn also dass weder Söhn noch Töchter, weder Knecht noch Mägd sich nach Ave Maria leuthen, es wäre dann Sach, dass sie von ihren Eltern oder Maister nothwendiger Ursachen halber verschicket wurden (welches aber, wo sie erdapt, probiert werden muss) nicht mehr finden lassen, oder gewisslich des Obrigkeits wegen darüberhin vornehmenden Straffen nicht entgehen.

Zum Sechsten;

Taback-Rauchen

Nachdeme das leichtfertige Taback-Rauchen durch welches nichts als Gefahr und so vil bekantes Unglück erfolget, zumahlen solches auch meistens von solchen Leuthen gebrauchet wird, die da billicher das Geld umb Brod vor deren Kinder verwenden solten, auch bey solch Jungen Burschen die kaum hinter denen Ohren ertrücknet, oder das Vatter Unser recht zu betten gelehrnet haben; Als würdet hiermit Krafft diss, bey unnachlässiger Straff eines Reichs-Thalers verbotten, dass sich nach Publicirung diser Neuen Verordnung keiner unterstehen solle, weder bey Tag noch Nacht in einem Stall oder Scheuren oder sonst gefährlichen Orth und in Specie, wo man mit Flax oder Hanpf umbgehet auch der so annoch unter 20 Jahren, er seye wer er wolle, einen Taback zu rauchen und dass bey Vermeydung obangesetzter Straff, welches die Würth, Gerichts-Leuthe, Geschworne und Hauss-Vätter bey ihren habenden Pflichten anzuzeigen wissen werden .

Zum Sibenden;

Wie vil ein Würth zu borgen

Ist mehr dann zu vil bekannt in was für einen Schulden-Last die mehrere von Unseren Unterthanen diss Unsers Fürstenthum gestecket und noch Täglich mit aufnehmung grösserer Capitalien da und dorten sich noch mehrer hinein stecken also zwar dass bald kein Guth, Hauss noch Hoff mehr zu finden so nicht ausser Landts zum Unterpfand verschriben und diese wider Frey zumachen sich nicht nur nicht befleisset, sondern bey denen Mehristen so gar Zinss auf Zinss der von GOtt sowohl geseegneten Jahren ungeachtet zu sein selbsten eignen auch deren Weib und Kinderen Endlichen Verderben und Untergang und ihren Schuldglauberigen grossen Nachtheil anwachsen lassen also zwar, dass bald diesen, bald jenen zu nicht geringer Schmählerung des Credits Unsers Landts die Austheilung dessen Vermögens zu grossem Nachtheil Unsers eigenen Interesse und übrigen Creditorum vorgenommen werden muss, so mehrentheils durch Hochmuth, Prallerey, Täglich Prassen, Fressen und Sauffen herrühren thut; Solchemnach gebiethen Wür hiermit ernstlich und widerhollen was schon in Unsers landts Uhr-Alten Policey-Ordnung zwar verordnet, aber vil Jahr hero nicht mehr gehalten worden, dass von nun an und zwar gleich nach Publicirung diser Unser Neuen Verordnung, kein Würth einem Unterthanen Mann oder Weib so in Unserem Land mit Hauss und Hof angesessen, wie Reich dieselbe immer seyn, des Jahres mehrers nicht dann Fünff Pfund Pfenning borgen, solte aber ein oder anderer darwider handlen der Würth sodann umb das Uberige verlurstiget und der andere mit Gefänglicher oder in andere Weeg nach Gestalt der Sachen ernstlich abgestrafft werden solle.

Zum Achten;

Wie lang das Zechen erlaubt

Sollen auch die Würth sich nicht unterstehen einem Innländischen, es seye Mann- oder Weibs-Persohn, Sommers-Zeit nach 9. Uhr und Winter nach 8. Uhr, es seye dann bey demselben eine Hochzeit oder Gast-Mahl angestellet, weder Speiss noch Tranck mehr zu geben, sondern dieselbe nacheer Hauss zu verweisen und diss bey unnachlässiger Straff ein Pfund, so offt darwider gehandlet wird.

Zum Neundten;

Trunkenheit

Weilen Wür nun oben angeführt was aus der Trunckenheit, übermassigen Fressen und Sauffen in denen Würths-Häuseren vor Unglück entspringen und wie vil schon in das völlige Verderben mit Weib und Kind gerathen, zu dem Ende darinnen eine Ordnung zu machen vor nöthig erachtet haben;

Als wollen Wür auch denen jenigen so der Füllerey allzu sehr ergeben und offtmahlen nicht nur einen; sondern zwey; drey; auch mehrere Täg in denen Würths-Häuseren sitzen, schlimmen und drünen ihre Weib und Kinder zu Hauss grossen Hunger und Kummer leyden lassen und sich dergestalten voll ansauffen, dass Sie mehrer einem Viehe als Menschen gleich ahmen, ein ernstliches Gesatz hiermit vorschreiben umb so mehrers, als bekannt, wie dergleichen Voll-Sauffer nicht nur an dem Zeitlichen, sondern auch an dem Ewigen zu Grund gangen, nach Ausweisung der Heiligen Schrifft selbsten die Voll-Sauffer kein Theil am Reich GOTTes haben sollen, zumahlen nichts anders daraus entspringet, als allerhand Leichtfertigkeit, GOttes-Lästerungen, Unfriden, Todt-Schlag, Hex- und Hurerey, Kranckheiten des Leibs und der Seelen, dass also die Trunckenheit ein Ursprung alles Ubels, so dem Menschen alle Ehr, Gunst; Weisheit, Verstand, Vernunfft und langes Leben beraubet; und Ihne gäntzlichen zu Schand und Spott machet; Solchemnach befehlen Wür allen Würthen und Gast-Geberen bey hinnach folgend unnachlässiger Straff, keinem von Unsern Unterthanen des Tags mehr als eine eintzige bescheidentliche Zech borgen, sonderlich solch übel-hausenden Nass-Kittlen nicht von einer Zech in die andere Sitzen lassen, vilweniger soll einem dergleichen vollen Zapffen, so er aus einem in ein anderes Würths-Hauss gienge, einige Speiss noch Trank, weder umb paar Geld noch auf borg geben, sondern solcher von dem Laster der Trunckenheit abgewahrnet, nacher Hauss verwisen, es seye zu was Zeiten es immer wolle, und so darwider gehandelt wurde, selbe so wohl der Würth als auch der Gast per Fünff Pfund Pfenning abgestrafft werden; Solte nun sich einer unterfangen, dergleichen abermahlen zu thun, die Straff jedesmahlen geschärpft, ja endlich gar am Leib gebüsst, auch diejenige, so darzu still schweigen und behöriger Orthen solches nicht anzeigen wurden, von obangezogener Straff nicht verschonet bleiben sollen.

Zum Zehenden;

Bettler

Müssen Wür vernehmen, dass Unser Land Täglich mehrer mit unterschidlichen fremden Teutschen und Welschen-Bettlern, Gard-Knechten, Kesslern, abgedanckten Soldaten, Zigeiner, Jauner und dergleichen umbschweiffenden allerhand liederlichen Lumppen und Rauber-Gesinds überloffen so anderer umbligenden Orten als Oestreich, Schweitz und Pünten vertriben und nicht mehr eingelassen werden, wordurch nicht nur allein Unseren Armen Unterthanen merckliche Beschwehrung und Uberlast auf den Hals gezogen, sondern auch denen innländischen Hauss-Armen Leuthen, die das Allmosen nicht entrathen können, an ihrer nothwendigen Unterhaltung viles abgenommen wird; Wür verordnen dahero. und gebiethen allen Ernsts, dass hinfüro keinem ausländischen Bettler und dergleichen Land-Straiffer  die nur von einem Orth in das andere Straiffen, er seye wer er wolle, in Unserem Gebieth das Bettlen keines Wegs mehr gestattet, an denen Gräntzen und Pässen nicht nur mit ernstlicher Trohung abgehalten, sondern auch zu dem Ende in einem jeden Dorff und Gemeynde eine Wacht so wohl Tag als Nachts-Rod oder Abwechslungs-weiss aufgestelt werden solle, die ankommende frembde Bettler alsogleich ab- und aus dem Land zu schaffen und nicht zu gestatten in selbes Orth zu gehen, vil weniger darinnen zu Bettlen, wurde sich aber ein dergleichen Bettler mit Gewalt eintringen und sich nicht abtreiben lassen wollen, Selber alsogleich durch die Vorstehere der Gemeynd Handhafft gemacht, das erstemahl aus dem Land Geführt; und das anderemahl (welches ihme auch zubedeuten) in so ferne Er widerum zu Bettlen eintringen wolte, auf Unser Schloss geführt, von dar durch den Scharpff-Richter des Landes verwisen und darben mittelst eines Urpheds auferlegt werden solle, bey noch grösserer Straff Unser Land nicht mehr mit Bettlen zu betretten; wurde sich aber von Unseren Unterthanen einer unterstehen, einem dergleichen frembden Bettler, der sich wider Unser Gebott in Unser Land einschleichen solte, ein Allmosen zugeben, derselbe jedesmahlen einen Orths-Gulden in eine hierzu verordnete Allmosen-Bixen Straff zu erlegen hätte. Was hingegen die Innländische recht wissentlich Arme Bedürfftige Leuth, die sich Alters-, Kranckheit-oder anderer Gebrechlichkeit halber ohne des Bettlens nicht zu erhalten vermögen belanget, denen soll zwar das Bettlen erlaubt seyn, doch dass solche jede Commun und Gemeynde, worinnen sie angesessen, erzogen und gebohren, allein erhalte, es wäre dann Sach, dass es so vil wären, dass sothane Gemeynde nicht erhalten könte, selbe gegen Aufweisung eines glaubwürdigen Attestats auch in andern Gemeynden Unsers Lands zu Bettlen die Erlaubnuss haben sollen; Und weilen bishero sich erzeiget, dass sehr vile von Innländischen so wohl Weib als Manns-Persohnen Jung und Alt sich auf das Bettlen gelegt, welche doch solches nicht bedürfftig, auch sich gar wohl mit der Hand-Arbeith erhalten könten, besonders an Sonn- und Feyer-Tägen, dardurch vilmahlen den GOttes-Dienst, Predig und Kinder-Lehr verabsaumet, einfolglichen die Kinder wider ihr eigen Seelen-Heyl zu solchem Bettlen und sehr stärfflichen [!] Missiggang angewohnet haben. Als wollen Wür, dass dergleichen Faullenzern nicht nur auch dass Allmosen bey obiger Straff versaget, sondern auf andere Weis sich mit Hand-Arbeith zu erhalten mit Nachtruck angehalten werden sollen, also zwar, dass in so ferne solche Elteren oder Hauss-Arme, die sich nicht anders als mit Bettlen zu erhalten wissen, ihre Kinder, die Alters- oder Gesundheit halber ihr Stücklen Brodt anderstwo mit ihrer Hand-Arbeit zugewinnen im Stand wären, bey sich behalten und auf den Bettel ziehen wolten, denen soll es keines Wegs gestattet und auf befundenen Ungehorsamb, dass sie es nicht zur Hand-Arbeith erzogen beydes, Junges und Altes des Landes verwisen werden. Doch wollen Wür letztlichen dises noch gestatten, dass in so ferne ein Presthaffter Bettler oder Bettlerin zu- oder gegen Nachts in Unser Gebieth kommete oder geführt wurde, so von diser Verordnung nichts wuste, der oder dieselbe solle zwar eingelassen, aber nicht länger dann ein Nacht beherberget werden und diss bey Vermeydung empfindlicher Straff.

Zum Elfften;

Vom Spihlen

Dieweilen auch das Spihlen in Unserem Land dergestalten im Schwung gehet, dass nicht nur in denen öffentlichen Würths-, sonderm auch in andern Häuseren und Wincklen vilmahlen bis in die halbe, ja offtmahlen die ganze Nacht, besonders Winters-Zeit, gespihlet wird, woraus nichts anders als Hass und Neyd, Zanck, Hader, Schlägerey, GOtts-Lästerung und andere Ungemach entstehen. Demnach gebiethen Wür, dass sich fürohin von Unseren Unterthanen Ledig und Verheyrathe und also ein jeder des schwähren Spihlens so wohl mit Karten als Würfflen gäntzlichen enthalte, es wäre dann Sach, dass solches etwann Kurtzweil halber oder umb ein Glass Wein geschehen wolte, darbey aber keinem über 15 Kreutzer zu verspihlen, auch längers nicht dann Sommers- bis 9 und Winters-Zeit bis 8 Uhr gestattet seyn und so sich dessen einer weithers unterfangen oder hierzu Unterschleiff geben wurde, jedesmahlen umb zwey Pfund Pfenning abgestrafft und, da einer auf Borg was verspihlet, keine Bezahlung gestattet werden solle.

Zum Zwölften;

Hofieren und Nächtliche Umlauffungen

Ist Zwar in der Alten Policey die gantz Löbliche Verordnung geschehen, dass die ledige Pursch, Jung und Alt sich bey gefänglicher Straff zu Nachts auf der Gassen des sogenanten Hofierens, hin und her Lauffens, unvernünfftigen Schreyen, Pleren, Jauxen und Singen, allerley Rauppen-Possen zuverüben verbotten gewesen, welches Verbott aber von vilen Jahren hero nicht mehr geachtet, sondern all obig angezogenes vilmahlen die gantze Nacht hindurch von dergleichen Gassen-Rauppen zu nicht geringer Aergernuss und Beschwerde deren, so sich in der Ruhe befinden, getriben wird, woraus nichts anders, als allerhand Leichtfertigkeit mit Abreissung des Obs[ts] und Trauben, Einreissung der Zain und sonsten verbottene Händel entstehen. Wür gebiethen dahero ernstlich, dass sich Niemand, wer der auch seye, unterstehen sölle, auf der Gassen nach dem Ave Maria leuthen, ohne Noth oder habende Verrichtung vil hin- und her zu Lauffen, zu Schreyen, Jauxen, allerley verbottene unzüchtige Lieder singen, vil weniger zu Hofieren oder die Menscher, wie es theils Orthen ärgerlich indem Schwung gehet, mit einem solchen Getöss, in die Alppen zu treiben, als wann das Wilde Gehör selbsten vorhanden wäre, wurden aber dergleichen muthwillige Gesellen erdappet werden, selbige alsogleich behöriger Orthen angezeigt und mit Schärpffe abgestrafft werden sollen.

Zum Dreyzehenden;

Viehe-Märckt

Seynd vor Zeiten in Unserem Fürstenthumb Wochentlich zwey Vieh-Märckt und zwar in dem Marckt Liechtenstein von Galli-Tag bis Johanni an dem Donnerstag und zu Roffenberg vom ersten May auch bis Johanni am Mittwoch zu sonderbahrem Nutzen des Landes üblich gewesen, wovon der an dem ersten Orth, zwar noch jedoch sehr schlecht gehalten wird, der an dem letzten Orth aber schon vile Jahre hero zu Nachtheil Unsers Zolls vermuthlich aus Negligenz Unserer Beamten gar abgangen also zwar, dass bey längerem Anstand auch sothaner ersten Orths nemblichen in dem Marckt Liechtenstein bishero, jedoch wie gemelt sehr schlecht gehaltene Viehe-Marckt auch vollkommen abgehen dörffte. Solchemnach verordnen Wür hiermit, dass künfftighin und von nun an nach Publicirung dieser Verordnung in Unserem Marckt Liechtenstein von Galli-Tag bis Johanni und in dem Schellenbergischen zu Roffenberg vom ersten May bis ebenfahls Johanni die Viehe-Märckt dergestalten gehalten werden, dass keiner von Unseren Unterthanen bey Straff der Confiscation, kein Stuck zu Hauss, er seye wer er wolle, verkauffen solle, er habe dann solches verhero auf den Marckt getriben und da er es auf sothanem Marckt nicht verkauffen wurde, solle es ihme in selbiger Wochen darauf zwar zu verkauffen vergünstiget seyn, jedoch dass er es auf der Zoll-Statt gebührend angeben moge, da er es aber auch in der Wochen nicht hatte verkauffen können, dasselbe abermahlen auf den Marckt und also von einem Marckt auf den anderen zu treiben gehalten seyn solle und dises bey Straff der Confiscation selbigen Stuck Viehes, so er zu Hauss, in der Alppen oder aber auf der Wayd verkauffen wurde, er habe dann solches vorhero zu Marckt, wie oben umbständlich angeführt worden ,getriben, worauf Unser Ober-Ambt fleissig zu invigiliren angewisen wird.

Zum Vierzehenden;

Zertheilung der Güter

Müssen Wür vernehmen, wie dass zerschiedene Grund-Zinss von noch nicht gar zu vilen Jahren here verlohren gangen, so durch keine Mühe mehr, auf was für Güther solche hafften möchten, erfragt noch gefunden werden können so allein durch Zerreissung solcher Stuck, welches insonderheit bey denen Theilungen noch auf den heutigen Tag vilmahlen geschiehet, wo ein Stuck, so kaum zwanzig Gulden Werth, in 4, 5 auch mehrer Theil zertheilt wird, wodurch die Onera, so zuvor darauf gewesen, ebenfahls zerrissen, einfolglich mit der Zeit bald diss, bald jenes verlohren gehen muss; Also wollen Wür fürtershin, dass kein Stuck Guth, es seye was es wolle, so unter zehen Gulden geschätzet wird, weder bey einer Theilung, Kauff, noch Tausch mehr zerrissen, sondern derjenige, der solches bekombt oder übernimbt, dem andern, so daran was zu suchen, seinen Antheil oder was er daran zu fordern, mit Geld oder auf eine andere Weis zu ersetzen und hinaus zu bezahlen schuldig seyn solle.

Zum Fünfzehenden;

Von Austheilungen

Gibt es (leyder!) die Tägliche Erfahrung, dass vile heylose liederliche Leuth dermassen verthunlich, übelverschwenderisch und fahrlässig hausen, dass sie endlich gezwungen und getrungen werden, nicht nur ihr Hauss, Hoff und Güther zu verlassen, welche sodann nicht einmahl zulänglich ihre Schuldglauberige ehrlichen zu bezahlen, folglich dieselbe schädlich und schändlich umb das ihre betrogen, noch über dass manichen der Prioritaet und Fortgangs halber, welcher besser Recht zu Habschafft Werdung des Seinigen, so er einem solch GOttlosen verschwenderischen Gesellen so ehrlich geborget haben möchte, noch in grosse Kösten eingeführt ohne dass auch offtmahlen Uns und Unseren Beambten dardurch grosse Unruhe verursachet wird.

Damit aber solch schändliches Ansetzen und Betriegen hinfüro gegen Männiglich abgestelt werde. So wollen Wür hiermit alle und jede Jnngesessene gewehrt und gewahrnet, Ihnen auch ernstlich bey denen in Kayserlichen Rechten angesetzten Straffen aufferlegt haben, dass sich einjedes alles verthunlichen Hausshaltens, unordentlich liederlichen Leben und Verschwendens, dergleichen auch unnützlichen Geld Aufnehmens, Schuldenmachens und gemeiniglich alles dessen, so Ihme und denen Seinigen, auch anderen zum Nachtheil und Schaden gereichen möchte, gäntzlichen enthalten solle, wo aber einer disem zu gegen handlen und also durch sein wissentlich böss, arglistig, muthwillig und verschwenderisches üble Hausen die Leuth ansetzen und so weith kommen wurde, dass Er nimmermehr zu bezahlen hätte, so sollen anderen zu (einem Exempel) von Obrigkeitswegen über sein Haab und Guth die Hand geschlagen und solches unter die Creditores nach denen Landts- und gemeinen Rechten ausgetheilt und Er als ein leichtfertiger Verschwender alsobalden aus Unserem Gebieth verwisen und so lang nicht mehr eingelassen, vil weniger zu ehrlichen Dignitaeren oder einem Ambt mehr genommen werden, bis auf Unsere Begnadigung und er seine Glaubigere so bey Uns oder Unserem Ober-Ambt zu Klag kommen, vollkommen bezahlt oder auf andere Weeg befridiget haben würdet.

So aber Jemanden durch andere Zufälligkeiten und Unglück ohne dessen Verschulden in solche Armutht gerathen, dass er seine Schulden vollkommen nicht mehr zu bezahlen hätte, solle Er all dessen Vermögen frey-lediglich cediren und abtretten, auch ferner schuldig seyn auf Begehren deren Schuldglauberigen mit einem Ayd zu bestattigen, dass Er hierunter keine Gefarde oder Betrug jemahls gebraucht, nichts verwendet noch auch sonsten weither nichts in seinem Gewalt mehr habe, zu welchem Beneficio cessionis bonorum Unsere Beambte Ihne und einem jeden, der ohne seine Schuld in solch Unglück und Schulden-Last gerathen, kommen lassen sollen.

Damit nun aber auch dises was in der Uhr-Alten sehr löblich errichteten Policey, und dem gantzen Land zum Nutzen gemachten alten Lands-Oeffnung eingeführt nicht gar vergessen und ausser Acht gelassen werden möchte; So haben Wür solch alles, was darinnen enthalten, in diser Unser Neuen Verordnung von Wort zu Wort widerhollen und Unserem Ober-Ambt hiermit Gnädigst anbefehlen wollen, dass Selbes all dasjenige, insonderheit aber was Wür hierzu verordnen vor nöthig erachtet haben, bey Vermeydung Unserer Ungnad auf das genauiste zu vollziehen sich angelegen seyn lassen solle, damit gleichwohlen so vil böse, höchst schädliche Miss-Bräuch und Sündliche Gewohnheiten abgestelt, hingegen zu Aufnahm Unsers Landts Besten, Wohlfahrt und Nutzen ein besseres Leben zu führen und dise Verordnung desto fleissiger zu halten, sich ein jeder angelegen seyn lassen möge. Zu dem Ende all und jede Treu-Gehorsamme Geschworne Gerichts- und jede Inngesessene Leuth ihrer Pflicht und zu GOTT geschwornen Ayds bey obangehörten Straffen und schwärer Verantwortung in jenner Welt hiermit zum Nachtrucklichsten öffentlich angemahnet und Gnadigst anbefohlen wird, dass Sie so balden Sie immer von einigen Nachlässigen, Ungehorsammen, welche dise Unsere Gebott und wohlmeynende Verordnung übertretten, das Geringste hören oder sehen würden, solches alsobald mit Hindannsetzung aller Freund und Feindschaft, Forcht, Gunst oder Neyds getreulich Unserem Ober-Ambt zu behöriger Remedur und Bestraffung des Verbrechens anzeigen, worzu Sie bey Gefahr obangesetzter Pöen verbunden seynd; Darnach sich Männiglich vor Straff, Schand und Spott, auch schwärer Verantwortung zu hüten wissen wird.

Geben zu Neuschloss; den 2ten Septembris 1732.

L.S.

Joseph Johann Adam

Fürst von und zu Liechtenstein

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[1] LI LA RA 01/16/06.