Protokoll der Konferenzsitzung des Landtags, gez. Anton Frommelt, Florian Kindle und Franz Eberle [1]
2.3.1942
2. Landwirtschaftliche Hilfskräfte
Regierungschef [Josef Hoop] gibt Auskunft über zahlreiche eingegangene Ansuchen um Dispens. Es werde zu überlegen sein, wieweit diesen Ansuchen zu entsprechen sei.
Dr. [Alois] Vogt: Gerade die Ansuchen zeigen, dass in der Angelegenheit nicht nachzugeben, sondern im Gegenteil mit grösserer Strenge durchzuhalten sei. Der Gedanke vom Arbeitslager müsse nochmals überlegt werden. Erhöhungen von Knechtprämien wären am Platze, um gewisse Härten abzumildern, und zwar im Sinne einer Familiensubvention Die freiwillige Werbung, wie sie vorgeschlagen wurde, müsse zum Misserfolg führen. Es werde sogar notwendig sein, die Söhne aus den Familien herauszunehmen und durch andere zu ersetzen, um in der ganzen Konsequenz durchzugreifen.
[Josef] Sele: Betont wiederholt die Notwendigkeit eines Lagers, um die letzten Konsequenzen zu ziehen und keinen Grund zu irgendwelchen Ausnahmen zu haben. Der Bezug der Arbeitskräfte soll vom Lager aus geschehen.
[Bernhard] Risch: Es soll mit grösster Konsequenz gehandelt werden. Gewisse Härten seien unvermeidlich, werden aber auch ertragen. Durch besondere Unterstützungen könne hier im Sinne Vorschlags Dr. Vogt tatsächlich geholfen werden.
[Franz Xaver] Hoop: Spricht sich gegen eine Herausnahme der Söhne aus den Familien aus, weil die Arbeitsleistungen der Söhne in der Familie, wo sie notwendig sind, grösser und geeigneter ist als wie ein Ersatz. Es müsste sich also nur nachteilig auswirken, soferne diese Konsequenz durchgeführt würde.
Eberle: Die Löhne für Knechte sind heute entsprechend und daher ist jungen Leuten auch zuzumuten, dass sie sich fügen.
Sele: Soferne die Regierung die Konsequenz eines Lagers fürchtet, so soll gerade diese Befürchtung durch den formellen Beschluss des Landtages entkräftet und die Regierung dadurch entlastet werden.
Schädler Eug. [Eugen]: Die Berechnung der Löhne, wie sie hier dargelegt wurde, erscheint mir zu hoch, und zwar deswegen, weil die Verpflegung billiger anzusetzen ist.
Brunhart Heinr. [Heinrich]: Auf keinen Fall ist der Beschluss zu revidieren.
[Oswald] Bühler: Es werden von gewissen Gemeinden schärfste Massnahmen gefordert. Es ist in diesem Falle zu überlegen, ob nicht auch aus den Gemeinden selbst diesen Forderungen zu entsprechen sei. Die betroffenen Gemeinden sind vor allem Vaduz und Schaan.
Dr. Vogt: In der Zahl der anfallenden Hilfskräfte liegt ein Fehler, weil diese Leute, die sich selbst zu versorgen gedenken, nicht [2] aufgeführt sind. Zudem sind viele als nicht vollwertig zu taxieren.
Risch: Es soll sich keine Gemeinde gegen die andere abschliessen. Das Problem ist ein Landesproblem.
[Johann] Wachter: Die angeführten Gemeinden Vaduz und Schaan werden sich zu helfen wissen, soferne man ihre Forderungen als übersetzt ansieht. Sie werden eben soviel anpflanzen, als sie imstande sind, aber die Landesversorgung bedingt weitergehende Massnahmen.
Reg.Chef: Es ist wohl möglich, dass der kleiner Wirtschafter nebenbei auch seine Pflanzarbeit besorgt, ebenso der kleine Gewerbetreibende und es ist deshalb in Ordnung, wenn auch der Pflanzer aus seinen Produkten die entsprechenden Einnahmen zu erzielen bestrebt ist.
Dr. Vogt: Das Problem ist auch ein soziales, das alle erfasst. Anderwärts werden sogar Kinder für diese Arbeit beigezogen, weil die älteren Jahrgänge zum Heeresdienst verpflichtet sind. Es ist unbedingt das Privatinteresse zurückzustellen und das Ganze im Auge zu haben. So muss auch die Jugend dazu erzogen werden, auf das Ganze zu denken.
[Chrysostomus] Öhri: Die Feststellung, wer daheim in der eigenen Familie landwirtschaftliche Arbeit hat, hat von einer Stelle aus zu erfolgen, um grundsätzlich zu sein. Ebenso grundsätzlich muss darauf bedacht sein, dass nicht aus anderen Verdienstmöglichkeiten die landwirtschaftliche Arbeit zurückgestellt wird.
Hoop: Wenn überall Höchstleistungen erstrebt werden, müssen unbedingt die Leute bei ihren eigenen Arbeiten belassen werden, weil dadurch der Arbeitserfolg viel weiter geht mit der persönlichen Interessennahme an der Arbeit.
Sele: Die Arbeit soll kein Frohndienst sein und muss selbstverständlich entsprechend entlöhnt werden.
Dr. [Otto] Schädler: Eine gelockerte Auffassung der Pflicht zum Landjahr führt unmöglich zum Erfolg und wird im Volk auch kritisiert werden. Ausnahmen, die man macht, bedingen notwendigerweise den gleichen Misserfolg wie letztes Jahr.
Reg.Chef: Es entsteht auch durch eine strenge Massnahme Ungerechtigkeit, die man umgehen sollte. Verdienstunmöglichkeit und dadurch Geldmangel in den Familien sowie die Pflicht, fremde Leute zu halten, wenn doch eigene vorhanden wären, muss ebenfalls negativ kritisiert werden. Es erscheint möglich, mit erhöhten Prämien diese finanzielle Ungleichheit aufzuheben, damit mit einem freiwilligen System auszukommen wäre. Es braucht nicht mehr Geld, gibt aber befriedigtere Verhältnisse.
Kindle: Es gibt Leute, die nicht in der Landwirtschaft aufgewachsen und doch tüchtig und brauchbar sind, somit einen entsprechenden Lohn verdienen. Wenn die entsprechenden Löhne ausgesetzt würden, erscheint es mir auch heute noch möglich, die gesuchten Knechte zu bekommen.
Reg.Chef: schlägt vor, einen Kredit von Frs. 20'000.- zu gewähren und macht sich erbötig, mit diesem Kredit die notwendigen Knechte für die Landwirtschaft aufzubringen.
Kindle: Heute fügen sich manche unter der Voraussetzung, dass eben mit Strenge vorgegangen werde, sobald aber mit der konsequenten Durchführung gebrochen werde, ziehen auch diese sich begreiflicherweise wieder zurück.
Risch: Die Kenntnis über die konsequente Durchführung des Landjahres hat bereits günstig gewirkt. Sobald diese Konsequenz zurückgezogen wird, werden auch die Bewerbungen zurückfallen.
Brunhart Louis: Es zeigt sich tatsächlich heute, dass die Leute williger sind, weil sie sich vor dem Zwange sehen, infolgedessen ist Konsequenz angeraten.
Dr. Schädler: Die Frage der Verpflichtung zum Dienst kann heute gut verantwortet werden, wo überall weit mehr vom einzelnen und der Familie verlangt werden muss. Die Lohnfrage anständig geregelt werden.
Reg.Chef: betont gegenüber diesen Ausführungen nochmals die Möglichkeit einer freien Bewerbung mit den entsprechenden Prämien zu setzen.
Dr. Vogt: Es wäre unklug, an die Leute heranzutreten, die sich schon bereit gestellt haben und sie nachträglich mit erhöhten Prämien zur Annahme einer Stelle zu betteln. Er persönlich würde es ablehnen, eine derartige Aktion durchzuführen.
Präsident [Anton Frommelt]: Gegen die Ausführungen des Herrn Reg.Chef besteht vor allem auch das Bedenken, dass wir äusserst knapp sind mit der Zeit. Die ganze Frage werde damit wieder an den Anfang zurückgestellt und soferne, was immerhin möglich ist, die Durchführung auf freier Bewerbung nicht entsprechen sollte, ist es dem Landtage nicht mehr möglich, zeitgerecht seine Beschlüsse zu fassen.
Es ergeht der Vorschlag zur Abstimmung, ob Obligatorium oder freiwillige Bewerbung unter Voraussetzung der letzten Besprechungen [3] nämlich, dass der 1923er und 1924er Jahrgang soweit verpflichtet werde, als sie sich letztes Jahr der Plficht zu Unrecht entzogen haben, der 1925er Jahrgang aber vollständig einzubeziehen sei. Voraus bestimmt wird hiebei, dass
- bei Studenten die Möglichkeit besteht, die Dienstzeit auf 2 Jahre zu verteilen, soferne es sich um einen Maturanten handelt. Diese Erleichterung wird ausdrücklich zugebilligt, um diese Abschlussprüfung der Mittelschüler nicht zu verunmöglichen. Für alle weiteren Jahrgänge soll diese Erleichterung nicht eintreten.
- Dass für Lehrlinge der Lehrvertrag sistiert werde nach Massgabe des letzten Protokolls.
- Dass Arbeit im eigenen Landwirtschaftsbetriebe nur dann gestattet werde, wenn dies offensichtlich zur Führung des Betriebes unumgänglich ist.
Grundsatz ist, alle Vorgenannten werden tatsächlich ausgehoben. Die Regierung aber kann unter Anerkennung besonderer Verhältnisse im eigenen Landwirtschaftsbetriebe eine Hilfskraft der eigenen Familie zurückstellen.
Die Beschlussfassung für diesen Antrag ergeht einstimmig mit einer Stimmenthaltung (Sele).
2. Beschluss: Zur Unterstützung der durch diese Massnahmen in besonderer Weise betroffenen Familien wird ein Kredit von Frs. 10'000 einstimmig bewilligt.