Protokoll der öffentlichen Landtagssitzung, gez. Landtagspräsident Anton Frommelt, Wendelin Beck und Johann Georg Hasler [1]
24.6.1937
7. Gesetzesentwurf über das Verbot der Eröffnung von Warenhäusern und Einheitspreisgeschäften und deren Filialen
Präsident: Die vormittägige Konferenz [2] hat sich in der Hauptsache um diesen Entwurf gedreht und die Kenntnis der einzelnen Bestimmungen kann vorausgesetzt werden. Ich nehme die 1. Lesung vor. Die Erörterungen in der Konferenzsitzung ergaben zur Mehrheit den Vorschlag zur Änderung des Art. 6 bezgl. Dringlichkeitsklausel, dass diese fallen gelassen werden soll.
Reg.Chef [Josef Hoop]: Ich habe immer, wenn über Gewerbefragen gesprochen worden ist und wenn die Massnahmen zum Schutze des einheimischen Gewerbe besprochen worden sind, betont, dass wir Grossbetriebe in der Art von Warenhäusern etz. bei uns nicht konzessionieren würden. Diesen Standpunkt haben wir deshalb eingenommen, weil diese Grossbetriebe erwiesenermassen durch verschiedene Umstände: Verkauf nur risikoloser Artikel, grosse Kapitalkraft, ungewöhnliche und billige Propagandamethoden etz. - eine grosse Gefahr geworden sind. Wir leiden unter einer Überzahl von Geschäften und diese würden wegen der grossen Konkurrenz erdrückt werden. Deshalb haben wir den Standpunkt eingenommen, solche Unternehmungen nicht zu konzessionieren und haben auch geglaubt, dass uns niemals ein solches Gesuch gestellt werde. Nun hat sich gezeigt, dass hintenherum unsere Bestrebungen durchkreuzt werden und wir sind gezwungen, gesetzliche Massnahmen zu treffen. Ich erinnere daran, dass in Deutschland die Warenhäuser seit Jahrzehnten einer Sondersteuer unterworfen sind, in Frankreich ist dies auch der Fall, in Österreich ist gemeinsam mit der Einführung der Gewerbesperre eine Sperre dieser Grossbetriebe erfolgt. Besonders bemerkenswert ist, dass auch die Schweiz zu einem Verbot für solche Unternehmungen geschritten ist. [3] Wir befinden uns deshalb in guter Gesellschaft, wenn wir den vorliegenden Gesetzesentwurf zum Gesetze erheben. Er lehnt sich ganz an die bezüglichen Bundesratsbeschlüsse an und beinhaltet unter keinen Umständen eine Gefahr für die Konsumenten, wie dies vielfach befürchtet wird. Der Konsument ist nach wie vor durch dieses Gesetz nicht gezwungen, im Inlande zu kaufen und hat alle Auswege noch offen. Der Gesetzesentwurf hat nur den Schutz des einheimischen Gewerbes im Auge und die Abwendung der grössten Gefahren von unserem Handelsstande. Es ist auch bekannt, wie eine grosse Gegnerschaft gegen diese Unternehmungen in der Schweiz besteht und alle Kampfmittel aufgeboten werden, nicht um diese Unternehmungen unmöglich zu machen, sondern vielmehr den Ruin des Gewerbestandes, der das staatserhaltende Element ist, fernzuhalten. Wir bitten Sie, diesem Gesetzesentwurfe zuzustimmen und dafür besorgt zu sein, dass er möglichst bald in Kraft tritt.
Präsident nimmt die 2. Lesung vor.
In Art. 1 stellt Reg.Chef den Antrag, dass auch ähnliche Grossunternehmungen in das Verbot einbezogen werden, dies deshalb, weil man nicht wissen könne, ob nicht andere Unternehmungen eines Tages, wenn das Ausland ihnen versperrt ist, auch in Liechtenstein Boden zu fassen suchen. Wenn ringsherum Einschränkungen in dieser Richtung getroffen werden, so besteht die Gefahr, dass solche Unternehmungen eben sich dort niederlassen, wo diese Einschränkungen nicht bestehen ...
Vogt Basil: Ich möchte die Frage stellen, ob Konsumvereine inbegriffen wären.
Reg.Chef: Ein inländischer Konsumverein soll nicht darin inbegriffen sein. Wenn es sich aber um einen grossen, weitverzweigten ausländischen Konsumverein handeln würde, da würde sich die Frage erheben, zu prüfen, ob dieses ausländische Unternehmen nicht unter diese Grossunternehmungen eingereiht werden müsste.
Präsident: Ich habe schon in der Konferenz betont, dass ich diese Erweiterung nicht angenehm empfinde. Vielleicht kann diese Weitsicht klug sein, vielleicht aber ist sie verfrüht.
Reg.Chef: Ich würde doch glauben, dass die Vorsicht hier durchaus am Platze ist. Wenn wir vor einigen Monaten dieses Gesetz geschaffen hätten, wären uns manche Unannehmlichkeiten erspart geblieben. Wenn wird diese Ergänzung nicht machen, so können wir vor die gleiche Situation gestellt werden. So aber haben wir eine Handhabe und können vorbeugen. Denn es gibt noch verschiedene andere Unternehmungen, so z.B. sogenannte Fabrikdetailgeschäfte etz.
Präsident: Der Antrag geht also dahin, die Worte "und ähnliche Grossunternehmungen" einzuschalten. Um die Diskussion nicht zu erweitern, ziehe ich meinen Antrag zurück und wenn kein Gegenvorschlag erfolgt, nehme ich an, dass man damit einverstanden ist.
In Art. 5 werden dann gleichfalls diese Zusatzworte eingefügt.
In Art. 5 2. Abs. wird eine Änderung in dem Sinn vorgenommen, dass er lautet: "Bestehende Betriebe haben ihren Betrieb sofort einzustellen und sind zu liquidieren.
Präsident: Aus verschiedenen Erwägungen soll die Dringlichkeitsklausel fallen gelassen werden in Art. 6.
Reg.Chef: Ich hätte sehr gewünscht, dass das Gesetz als dringlich erklärt worden wäre. Was der Schweiz. Bundesrat gemacht hat, der seine Beschlüsse von 1933 und 1935 ebenfalls als dringlich und sogar rückwirkend erklärt hat, können wir auch machen. Ich verkenne indessen die Gefahr nicht, wenn einzelne Abgeordnete dagegen sind. Ich möchte aber darauf hinweisen, dass wir einen ganzen Monat keine gesetzliche Handhabe haben, solche Unternehmungen zu verbieten. Ich bitte um Stellungnahme hiezu, wenn morgen oder übermorgen diese letzte Gnadenfrist benützt wird.
Präsident: sieht keine Gefahr und glaubt, dass die Regierung die nötigen Mittel zur Verhinderung der Gründung solcher neuen Betriebe habe.
Reg.Chef: Diese Mittel stehen der Regierung nicht zur Verfügung. Sie hat einfach die Kenntnis zu nehmen von der Eröffnung eines Betriebes.
Präsident: Die Regierung hat die Möglichkeit, zu prüfen, ob die Anlage und Einrichtung entsprechen und die Sache hinauszuschieben.
Bas. [Basil] Vogt: Ich erblicke keine Gefahr. Wenn schon bestehende Geschäfte sofort zu liquidieren sind, so wird jeder überlegen, bevor er eine neues auftut.
Präsident: Ich halte auch niemand für so unklug, dass er seine Ausgaben unnötigerweise in Frage stellt.
Reg.Chef: Es kommt nicht das liecht. Kleinunternehmen in Frage, sondern möglicherweise ausländische Grossunternehmungen. Durch Unterbietung aller Preise können durch ein Unternehmen in Liechtenstein Zustände geschaffen und eine Stimmung hervorgebracht werden, dass die Schaffung eines solchen Gesetzes verunmöglicht wird.
Dr. [Otto] Schädler: Ich glaube, diese Gefahr besteht nicht, sonst hätte dies schon längst geschehen können. Ich halte die Weglassung der Dringlichkeitsklausel für zweckmässiger und loyaler den Konsumenten gegenüber. Nachdem die Konsumentenschaft auch unter gedrückten wirtschaftlichen Verhältnissen lebt, ist es notwendig, dass man hier die Möglichkeit zur Mitsprache zum Gesetze schafft. Ich selbst bin für dieses Gesetz, aber nicht für die Beibehaltung der Dringlichkeitsklausel.
[Peter] Büchel: Beantragt die Einschaltung eines neuen Artikels des Inhalts, dass die Neugründung solcher Unternehmungen bis zum Ablauf der Referendumsfrist verboten sei.
Präsident: Wenn dieser Beschluss separat gefasst wird, ist es recht. Wenn er ins Gesetz aufgenommen wird, bekommt er erst mit der Inkrafttretung des Gesetzes seine Giltigkeit.
Büchel: Ich verstehe diese Aufklärung und möchte eine separate Beschlussfassung empfehlen.
Präsident: Der Antrag Büchels wäre also, dass in der Laufzeit dieses Gesetzes keine Grossunternehmungen im Sinne des Art. 1 d. Gesetzes im Lande gegründet werden dürfen und die Regierung beauftragt wird, diesem Beschluss des Landtages Nachachtung zu verschaffen.
Dieser Beschluss wird einstimmig gefasst.
Präsident nimmt die 3. Lesung vor.
Sodann lässt er über das ganze Gesetz mit den getroffenen Abänderungen abstimmen, welches einstimmig angenommen wird.