Deutschland erklärt, dass der Abschluss eines Rechtshilfevertrags in Steuersachen Voraussetzung ist für ein Doppelbesteuerungsabkommen mit Liechtenstein


Verbalnote des Auswärtigen Amts an die schweizerische Gesandtschaft in Berlin (Abschrift) [1]

18.4.1934, Berlin

Das Auswärtige Amt beehrt sich, der Schweizerischen Gesandtschaft im Anschluss an seine Verbalnote vom 23. Februar d.J. - V.2282 -, betreffend die Einbeziehung des Fürstentums Liechtenstein in das deutsch-schweizerische Doppelbesteuerungsabkommen, [2] im Einvernehmen mit dem Herrn Reichsminister der Finanzen [Lutz Schwerin von Krosigk] folgendes mitzuteilen:

Das deutsch–schweizerische Doppelbesteuerungsabkommen vom 15. Juli 1931 weist gegenüber andern vom Deutschen Reich abgeschlossenen Doppelbesteuerungsverträgen zahlreiche durch die staatliche Struktur und das Steuerrecht der Schweiz bedingte Besonderheiten auf, die die Einbeziehung eines dritten Landes in das Abkommen von vornherein verbieten. Sollte jedoch der Vorschlag der Fürstlich Liechtensteinischen Regierung in weiterem Sinne als Anregung zum Abschluss eines Doppelbesteuerungsabkommens aufzufassen sein, so würde die Deutsche Regierung zu entsprechenden Verhandlungen auf der Grundlage der Steuergesetzgebung der beiden Länder bereit sein.

Voraussetzung für den Abschluss eines Doppelbesteuerungsabkommens auch mit Liechtenstein würde jedoch der gleichzeitige Abschluss eines Abkommens über Rechtsschutz und Rechtshilfe in Steuersachen sein. Erklärungen, wie sie s.Zt. vom Schweizerischen Bundesrat zu dieser Frage abgegeben worden sind, würden hier, wo es sich um ein erst noch abzuschliessendes Doppelbesteuerungsabkommen handelt, nicht ausreichen.

Die Gesandtschaft darf um gefällige Mitteilung gebeten werden, ob für das Fürstentum Liechtenstein nur die Einbeziehung in das deutsch-schweizerische Doppelbesteuerungsabkommen oder auch Verhandlungen über ein besonderes Abkommen in Frage kommen, und ob Liechtenstein grundsätzlich zu gleichzeitigem Abschluss eines Abkommens über Rechtschutz und Rechtshilfe in Steuersachen bereit ist.

______________

[1] LI LA RF 129/091/020. Aktenzeichen: V.4825. Die Notenabschrift wurde der liechtensteinischen Regierung am 30.4.1934 durch das Eidgenössische Politische Departement übermittelt (LI LA RF 129/091/019).
[2] Das Abkommen zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und dem Deutschen Reiche zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der direkten Steuern und der Erbschaftssteuern vom 15.7.1931, ratifiziert am 29.1.1934 (AS 1934, Bd. 50, S. 106-132). Liechtenstein hatte am 25.1.1934 den Einbezug in das Abkommen beantragt (LI LA RF 129/091/010-011).