Protokoll der öffentlichen Landtagssitzung, nicht gez. [1]
21.2.1935
2. Gesetz betr. die Verteilung des Reingewinnes der Sparkasse für das Fürstentum [Liechtenstein] (Liechtensteinische Landesbank) sowie betr. die vorläufige Regelung der Ansprüche des Landes gegenüber der Sparkasse aus Anlass der im Jahre 1928 aufgedeckten Unregelmässigkeiten
Reg.Chef [Josef Hoop]: Ich möchte noch beifügen, dass Art. 1 nur eine Abänderung der bisherigen gesetzlichen Bestimmung über die Verteilung des Reingewinnes bedeutet. Während bis jetzt nach Verzinsung des Dotationskapitals der Reingewinn halb und halb zwischen Land und Sparkasse geteilt wurde, sieht der Art. 1 vor, dass das Land inskünftig einen grösseren Anteil am Reingewinn bekommt. In Zahlen ausgedrückt stellt dies beim heute ebenfalls zur Beratung stehenden Geschäftsbericht, der mit einem Reingewinn von Frs. 120'000 abschliesst, für das Land eine Summe von Fr. 100'000 dar. Davon entfallen Fr. 50'000 für die Verzinsung des Dotationskapitales, Fr. 20'000 für soziale Zwecke und Fr. 30'000 für die Landeskasse, während die restlichen Fr. 20'000 zur Äuffnung des Reservefondes dienen. Es ist auch angezeigt, dass das Land einige Rückersätze von der Sparkasse bekommt, weil das Land seinerzeit bei den Betrügereien bei der Sparkasse rund Fr. 2'000'000.- für dieselbe ausgelegt hat. Um aber nicht etwa Anlass zu geben, zu sagen, nachdem nun das Land von der Sparkasse nicht verlangt, dass sie diese grossen Summen zurückbezahlt und dass die Sparkasse kein Recht hätte, gegen Schuldner der Sparkasse zu prozessieren, sieht Art. 3 ausdrücklich vor, dass die Sparkasse alles tun soll und darf, um vielleicht Beträge für die Sparkasse hereinzubringen. Der Gesetzesentwurf ist mit dem Verwaltungsrat der Sparkasse und dem Aufsichtsrat derselben gründlich besprochen und durchberaten worden und ich ersuche namens der Regierung und namens der Sparkasseorgane, diesem Entwurfe zuzustimmen.
Präsident [Anton Frommelt]: Nimmt die erste Lesung des Gesetzes vor. Bevor wir die einzelnen Artikel behandeln und zur Beschlussfassung über dieses Gesetz schreiten, möchte ich noch anraten, in der Konferenz den Geschäftsbericht der Sparkasse durchzusehen, weil dann manches deutlicher aufscheint.
Die Herren Abgeordneten ziehen sich ins Konferenzzimmer zurück.
Forstsetzung der öffentlichen Sitzung nachmittags ½ 4 Uhr
Reg.Chef: Man hört gegenwärtig viel die Meinung vertreten, dass die Sparkasse kein Geld habe zu Darlehensgewährungen. Die wirkliche Sachlage kann man am Geschäftsbericht und der Bilanz erkennen. Die Sparkasse leidet wie auch andere Geldinstitute in der Nachbarschaft an einem gewissen Mangel an flüssigen Mitteln, soweit dies die Ausgabe von Hypothekardarlehen betrifft. Die Sparkasse ist nicht etwa, wie man falsch hört, des Geldes entblösst, aber sie ist infolge der mangelnden langfristigen Mittel in der Ausgabe von Hypothekardarlehen begreiflicherweise beschränkt. Sie kann jederzeit zufolge Geldanlagen bei anderen schweizerischen Geldinstituten eine grössere Summe flüssig machen. Wenn sie aber diese Gelder in langfristige Hypothekaranlagen anlegen würde, könnte sie möglicherweise den an sie gestellten Ansprüchen nicht mehr gewachsen sein.
Präsident: Nach den Ausführungen des Herrn Reg.Chef nehmen wir die zweite artikelweise Lesung des Gesetzes betr. die Verteilung des Reingewinnes etz. vor. Hat jemand noch irgendwie Stellung zu nehmen?
[Basil] Vogt: Könnte man die Fr. 20'000, die für soziale Zwecke vorgesehen sind, nicht prozentuell auf die Gemeinden aufteilen zur Arbeitsbeschaffung oder so was?
Präsident: Es ist dem Herrn Abg. Vogt bekannt, dass die Mittel aus der Lotterie in Wegfall gekommen sind, die für solche Zwecke verwendet wurden. Andererseits haben sich die Verhältnisse eher verschlimmert und die Ansprüche sind so gross, dass wir bitten möchten, diesen Betrag der Regierung zur Verfügung zu stellen. Wir haben die Erfahrungen gemacht, dass die Gemeinden nur sehr schwer zu bewegen sind, ihre Bedürftigsten spürbar zu unterstützen. Wenn dieser Betrag prozentuell auf die Gemeinden ausgeteilt würde, so würde das verhältnismässig ihnen nicht weit helfen und das soziale Entgegenkommen würde nicht erheblich gesteigert werden können. Umgekehrter Weise machen wir die Erfahrung, dass die ärmeren Leute nicht die Wohltätigkeit der Gemeinde in Anspruch nehmen wollen, weil sie nicht im Gemeindebüchlein als solche aufscheinen wollen. Das sind alles Gründe, die ihnen empfehlen, diesen Betrag der Regierung für diesen Zweck zur Verfügung zu stellen.
Vogt: Ich möchte den Antrag noch einmal wiederholen, dass jede Gemeinde nach der Einwohnerzahl prozentuell beteilt wird mit diesem Geld. Ich habe heraus gefunden anlässlich der Geschäftsprüfungstätigkeit, dass besonders die grösseren Gemeinden hier zu kurz kommen. Ich möchte ausdrücklich betonen bezgl. Wohltätigkeit. Was für Irren ausgegeben wird, möchte ich nicht in den Titel Wohltätigkeit einbezogen haben.
Präsident: Ich glaube, die Gemeinden Balzers und Triesenberg marschieren mit den Unterstützungen vorne an.
Reg.Chef: Ich möchte nicht eine Gemeinde gegen die andere ausspielen. Ich glaube aber, dass die Mehrheit der Gemeinden den Antrag Vogt’s unterstützen müssten. Die Unterstützungen werden an Bedürftige und Würdige abgegeben und nicht sollen sie verteilt werden nach der Kopfzahl. Balzers käme viel schlechter weg als bisher, wenn der Antrag Vogt’s beschlossen würde.
Vogt: Ich habe nicht diese Auffassung und habe Einsicht gehabt.
Reg.Chef: Ich möchte gleich verraten, dass es in Balzers im Durchschnitt auf den Kopf in den letzten Jahren Fr. 29.60 an Unterstützungen treffen würde, während in anderen Gemeinden es nicht diesen Betrag ausmacht.
Vogt: Ich werde bei der nächsten Geschäftsprüfungskommissionssitzung die Sache genauer untersuchen.
Präsident: Damit könnten wir also diesen Antrag auf eine spätere Sitzung verschieben.
Das Gesetz wird sodann mit Stimmenthaltung des Abg. Basil Vogt angenommen. [2]