Der Landtag ermächtigt die Sparkassa zur Ablösung eines Wechsels (Sparkassaskandal)


Protokoll der öffentlichen Landtagssitzung, nicht gez. [1]

18.9.1930

Präsident [Anton Frommelt]: Wir hätten als ersten Punkt des heutigen Tages die Wechsel-Angelegenheit Rosza Mohr zu besprechen. Es ist ein Wechsel aus dem Sparkassaskandal, der im Vergleichswege geregelt werden soll. Die Vorlagen zu diesem Wechsel liegen bei der Regierung, dann ist auch der Präsident der Sparkassa hier, um sich in der Sache zu äussern.

Reg.Chef [Josef Hoop]: Es handelt sich um einen Wechsel von Fr. 50'000.-, der am 18.11.1928 fällig gewesen wäre. Der Wechsel ist ausgestellt worden am 18. Mai 1928. Es ist der ziemlich gleiche Sachverhalt wie bei den übrigen Wechseln, welche wir der Konsequenzen wegen im Konferenzimmer jeweilen behandelt haben, und welche auszugleichen, die Sparkassa wir jeweilen ermächtigten. Es sind auch hier Verhandlungen gepflogen worden, das Resultat ergab, dass der Wechselinhaber sich mit 75 % der valutierten Wechselsumme plus Kosten befriedigt erklären würde. Es wären also von den Rm 28'452.- 75 %, das sind 28'400 Fr. plus Vertretungskosten per ca. 500 Fr. zu bezahlen. Wir müssen also mit einer Summe von rund 29'000 Fr rechnen, welche aus dieser Wechseltransaktion vom 18. Mai 1928 zurückzuführen ist. Wir möchten ersuchen, die Sparkassa zu ermächtigen, diesen Vergleich abzuschliessen, immerhin mit dem Auftrage, eine noch günstigere Vergleichssumme zu erreichen.

F[ranz Xaver] Hoop: Ich könnte mich da dem Antrag der Regierung nicht anschliessen. Es sind solche Wechsel schon viel bezahlt worden. Der ist datiert vom 18. Mai. Die Herren, Regierung und Präsident von der Sparkassa, haben das schon im März [2] gewusst, da soll man das den Herren aufladen. Ich möchte anfragen, wieviel Wechsel wir schon bezahlt haben, die nach dem 31. März ausgestellt wurden. Ich möchte auch fragen, wie es steht mit den Zivilverhandlungen. Es muss nun einmal darauf gedrungen werden, dass die Sache vorwärts geht.

F[erdinand] Risch: Ich möchte den Abg. Hoop voll und ganz unterstützen. Es ist endlich Zeit, dass von Seiten der Regierung und der massgebenden Behörden geschaut wird, dass es endlich vorwärts geht bei Gericht, was nämlich dort anhängig ist. Umsomehr, als da wieder ein Wechsel ist, von denen Landtagspräsident, Sparkassapräsident und Schädler am 31. März aufmerksam geworden sind, und keine Vorkehrungen getroffen haben. Es sind nachher noch immer Wechsel ausgestellt worden. Ersuche, dass diese ziffernmässig bekanntgegeben werden, was für Wechsel nach dem 31. März noch hinaus sind.

Reg.Chef: Nach dem 31. März sind folgende Wechsel noch ausgegeben worden:

1 Wechsel am 13.4. in der Höhe von Fr 8000.-

1 Wechsel am 1. April mit Fr 30'000.-

1 Wechsel am 3. April mit Fr 30'000.-

1 Wechsel von Fr 93'000 vom 20.V.1928

ein weiterer Wechsel von Fr 93'000- am 20. Mai 1928

ein Wechsel vom 20. April mit Fr 60'000.-

ein Wechsel vom 20. Mai mit Fr 50'000.-

Wir werden in einer der nächsten Landtagssitzung genaue Abrechnung über alle diese Wechseltransaktionen und auch über die faulen Kredite bringen, sodass wir erstens die ausgestellten Wechsel, natürlich mit Tag und Datum, zweitens mit was sie belastet worden sind, drittens, wie wir verglichen haben, bekanntgeben, dann die Anwaltskosten, die aufgegangen sind, was eingespart worden ist zwischen Verpflichtung zu bezahlen und zwischen dem tatsächlich bezahlten usw.

Zu obigen kommt noch ein weiterer Wechsel auch mit Fr. 50'000.-

Zusammen Fr. [3]

Dann sind wieder teilweise belastete Wechsel, dies sind folgende:

am 28. Mai 1928 ein Wechsel lautend auf Fr. 100'000, belastet mit Fr. 62'000.

ein Wechsel von 50'000 Fr. vom 18. Mai, belastet mit Fr 35'110.

Dann sind wieder Wechsel, die nicht belastet worden sind, die sehr gefährlich hätten werden können:

am 3. Mai 1928 einer lautend auf Fr 100'000

am 26. Mai einer lautend auf Fr. 30'000

einer vom 28. Mai lautend auf Fr 250'000

einer vom 20. Mai lautend auf Fr 100'000

Es können noch mehrere sein und ich vermute sogar diese Bollert-Wechsel.

Reg.Chef: Es sind dann noch Wechsel mit zusammen 600'000 Fr, von denen es ungewiss ist, ob sie nach dem 31. März ausgegeben worden sind.

Ich behalte mir vor, diese Ziffern zu ergänzen, wenn dann die beim Gerichte liegenden Akten durchgesehen sind, was für eine der nächsten Landtagssitzungen möglich ist.

Ich bin dann auch gefragt worden nach dem Stande des Zivilprozesses. Bekanntlich ist der frühere Verwaltungsrat vor mehreren Monaten eingeklagt worden auf Fr 400'000, auf Rückzahlung von ungedeckten Krediten. Dieser Prozess ist vor etwa 1 1/2 Monaten glaub ich in erster Instanz entschieden worden. Es waren nur Vorfragen zu entscheiden, weil die Geklagten eingewendet haben, dass das Sparkassa-Gesetz eine Haftung des Veraltungsrates nicht kenne. Es sei unmöglich irgendwo zu klagen, weder beim ordentlichen Gerichte, noch beim Staatsgerichtshofe, also sie können nicht geklagt werden. Da hat das Landgericht entschieden, dass dem nicht so sei, sondern dass sie geklagt werden können. Wenn das Gesetz schon eine Haftung vorsehe, so müsse auch eine Stelle sein, die darüber entscheide, inwieweit diese Haftung gehe, wer haftbar sei u.s.w. Gegen dieses Teilurteil des Landgerichtes hat der Verwaltungsrat Beschwerde an das Obergericht erhoben, wo sie vor ca. 8 Tagen eingereicht worden ist. Das Obergericht muss jetzt also darüber entscheiden. Es hätte der jetzige Verwaltungsrat der Sparkassa, diese Wechsel, die ich da genannt habe, auch schon einklagen können, weil sie nach dem 31. März ausgegeben worden sind, aber man wollte zuerst die Entscheidung des Obergerichtes abwarten, damit nicht die neue Sache wieder den alten Gang nehmen müsse. Wenn vom Obergericht bezw. vom Obersten Gerichtshof entschieden ist, können diese Sachen auch alle eingeklagt werden. Interessant ist nun folgendes: Wenn vielleicht nach dem 31. März die verantwortlichen Organe etwas vorgekehrt hätten, wäre diese Schädigung unterblieben, wenn nach dem 31. März Kollektivzeichnung eingeführt worden wäre, hätten die folgenden Wechsel nicht für uns unglücklich sein können, ich weiss zwar nicht, wie das nun hier ist. Wenn aber das Ganze damals aufgedeckt und nicht verheimlicht worden wäre, hätte alles spätere nicht eintreten können.

Auch mit einer Kollektivzeichnung wäre es schon anders. Hier sind zum mindesten sehr grosse Unterlassungssünden begangen worden.

P[eter] Büchel: Ich fühle mich veranlasst, zur Äusserung des Abg. Hoop zu konstatieren, dass ich mich vor Gericht verantworten werde. Ich kann betonen, dass ich von diesem allem nichts gewusst habe. Ich werde zwar in der Öffentlichkeit immer wieder beschuldigt, ich hätte von Wechseln gewusst. Es ist auch meine Ansicht, dass die massgebenden Behörden zur Rechenschaft gezogen werden. Was meine Sache anbetrifft, so fürchte ich mich nicht vor Gericht, mich zu verantworten.

Es wird sodann

einstimmig

beschlossen, die Sparkassa zu beauftragen, diesen Vergleich abzuschliessen, mit dem Zusatze, das Möglichste zu tun, um wenn möglich, einen billigeren Vergleich abzuschliessen. 

 

 

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[1] LI LA LTP 1930/167. Siehe auch die Konferenzsitzung des Landtags vom 10. September 1930 (LI LA LTP 1930/152).
[2] Direktor Schredt von der "Bank in Liechtenstein" und der fürstliche Zentraldirektor Zatloukal informierten Ende März 1928 Wilhelm Beck, den Steuerkommissär Ludwig Hasler und Regierungschef Gustav Schädler über die "Unregelmässigkeiten" bei der Sparkasse.
[3] Es ist kein Betrag eingetragen.