Der liechtensteinische Briefmarkenhändlerverband fordert ein Einreiseverbot gegen Friedlieb Auerbach


Schreiben des liechtensteinischen Briefmarkenhändlerverbands, gez. Siegfried Feger, Präsident, und Hans Lorenz, Schriftführer, an die Regierung [1]

17.3.1938, Vaduz

Betr. Dr. F. [Friedlieb] Auerbach, Schaan

Die hohe fürstliche Regierung hat vor einiger Zeit Dr. Auerbach die Aufenthaltsberechtigung entzogen und ihm mitgeteilt, dass sein Aufenthalt in Liechtenstein nicht erwünscht sei. [2]

Wir bedauern ausserordentlich feststellen zu müssen, dass Dr. A. nicht aufgehört hat, sich als liecht. Firma auszugeben und auch weiter in Liechtenstein arbeitet. Einzig zur Nächtigung begibt sich Dr. A. das einmal nach Feldkirch, dann wieder nach Buchs.

Wir konzessionierten Briefmarken-Händler empfinden es als eine unerhörte Herausforderung, dass Dr. Auerbach nun schon das zweite mal in der französischen Fachzeitschrift "L'Echo de la Timbrologie" Inserate aufgibt mit der Adresse: Dr. F. Auerbach, Boite postale, Schaan. [3] Damit täuscht er unzweifelhaft eine liechtensteinische Firma vor, die in Wirklichkeit gar nicht besteht. Dass er auch in Schaan arbeitet, ist unzweifelhaft erwiesen.

Die illegale Tätigkeit des Dr. Auerbach veranlasst uns die hohe fürstliche Regierung zu bitten, gegen Dr. A. ein Einreiseverbot zu erlassen. [4] Dr. A. weiss genau, dass sein Aufenthalt in Liechtenstein nicht erwünscht ist und dass er eine unerlaubte Tätigkeit hier ausübt. Trotzdem kümmert er sich wenig um die hier bestehenden Gesetze und verletzt diese wissentlich.

Nicht unerwähnt möchten wir lassen, dass Dr. A. wegen den neuen politischen Verhältnisse in Österreich wohl kaum auf die Dauer in Feldkirch sein kann und evt. Liechtenstein als politischer Flüchtling zur Last fallen will. Schon aus diesem Grunde wäre ein vorzeitiges Einreiseverbot sehr angebracht.

Wir bitten um beschleunigte Behandlung unserer Eingabe und verbleiben

einer hohen Regierung ergebenst Liecht. Briefmarkenhändler-Verband:

Beilage

2 Inserate von Dr. Auerbach.

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[1] LI LA RF 174/064/013. Auf der Rückseite Vermerk von Eugen Büchel, Sekretär der Gewerbegenossenschaft, vom 18.3.1938 sowie Vermerk "RS" (Regierungssitzung). Die Gewerbegenossenschaft schloss sich den Äusserungen des Briefmarkenhändlerverbands an und ersuchte die Regierung, den "gesetzeswidrigen Umtrieben" von Auerbach "Einhalt zu gebieten". Die Regierung behandelte die Angelegenheit in der Sitzung vom 26.3.1938 (LI LA AS 33/10, Trakt. 58).
[2] Auerbach verliess Liechtenstein Anfang Februar 1938, nachdem ihm die Regierung mit polizeilicher Ausschaffung gedroht hatte (LI LA RF 174/064/011, 012).
[3] Vgl. L'Écho de la timbrologie, Nr. 1012, 28.2.1938, S. 248 (LI LA RF 174/064/004), L'Écho de la timbrologie, Nr. 1013, 15.3.1938, S. 286 (LI LA RF 174/064/003).
[4] Die Regierung verhängte am 29.3.1938 eine Einreisesperre gegen Auerbach (LI LA RF 174/064/014). Auerbach legte gegen das Einreiseverbot Berufung ein (LI LA RF 174/064/015), diese wurde jedoch von der Verwaltungsbeschwerdeinstanz abgelehnt (LI LA RF 174/064/022).