Der Landtag stimmt der Einbürgerung einer jüdischen Familie zu


Protokoll der Konferenzsitzung des Landtages, ungez. [1]

29.10.1936

1. Einbürgerungsgesuch William H. Donner, seiner Ehefrau [Dora, geb. Browning] und einzigen Tochter Dora

Die Gesuchsunterlagen werden bekanntgegeben und die Angelegenheit zur Diskussion gestellt. [2]

[Franz Xaver] Hoop befürwortet das Ansuchen bestens und verweist insbesondere auf die volkswirtschaftlich bedeutenden Bodenverbesserungen, die sie mit diesem Gelde machen. Dadurch werde auch der Arbeitsmarkt des Landes entlastet.

Dr. [Otto] Schädler: Glaubt, dass Gründe vorliegen, dass sich die Bürgerrechtswerber neue Heimatschriften suchen. Die Referenzen seien nicht massgebend, da sie grösstenteils von Leuten stammen, mit denen geschäftliche Beziehungen bestehen. Aus diesem Grunde erscheine es ihm zu wenig begründet. Andererseits sei er grundsätzlich dagegen, dass man einen Mischmasch in konfessioneller und rassischer Hinsicht ins Volk bringe. Auch habe die Abwertung gezeigt, dass die Werte wanken und es könnten schliesslich grosse Vermögen mit den Jahren verloren gehen. Er stellt den Antrag auf Ablehnung und begründet dies damit, dass die Notlage der Gemeinde Ruggell noch nicht so sei, dass auf diesem Wege Lücken ausgefüllt werden müssen. Bodenverbesserungen könnten auch durch Umlagen amortisiert werden, es sei eine lohnende Arbeit, die sich bezahlt mache. Wenn die Einbürgerung in einer anderen Gemeinde erfolgt wäre, so wäre es noch verständlicher gewesen, aber gerade bei der Gemeinde Ruggell halte er es nicht für unbedingt notwendig.

Hoop verweist auf die grossen Zahlungsrückstände der Gemeinde. Über Fr. 60'000 hätten sie seit 1927 an Wuhrlasten bekommen. Ebenso sollten noch dringende Arbeiten am Schulhaus & dem Pfarrhof gemacht werden, die beide sehr baufällig seien. Überdies sollten sie mit der Zeit an den Bau eines Bürgerheimes denken. Wenn die Gemeinde Ruggell das gemacht hätte, was sie eigentlich hätte machen sollen, so wäre die finanzielle Lage der Gemeinde schlimm. Allgemein herrscht die Ansicht vor, dass das Geld, das aus Einbürgerungen gewonnen werde, gut angelegt sei, wenn daraus Bodenverbesserungen durchgeführt werden.

Vogt Basil fällt auf, dass die Einbürgerungen hauptsächlich aus dem Unterland kommen. Dieser Fall sei zwar nicht schwerwiegend und mit Risiko verbunden, doch sollte man mehr zurückhalten mit den Einbürgerungen. Man wird später die Folgen dieser Praxis zu tragen haben. Diese werden einmal regieren und unsere bodenständigen Nachkommen werden verdrängt werden.

[Ferdinand] Heidegger hielte eine Einbürgerung in Triesen eher als berechtigt, da sie nicht wissen, wie zinsen.

[Peter] Büchel spricht sich für die Aufnahme der Bürgerrechtswerber aus, da keine Folgen zu gewärtigen seien. Er sei sonst nicht Freund einer wahllosen Einbürgerung von Juden, aber dieser Fall sei besonders berücksichtigungswürdig angesichts des hohen Alter des Gesuchstellers und andererseits sei ja nur ein Mädchen vorhanden. Auch sei das Gesuch in der Gemeindebürgerabstimmung mit einem überwältigenden Mehr angenommen worden und es würde wohl nicht verstanden, wenn wir der Einbürgerung nicht zustimmen würden. [3]

[Ludwig] Ospelt befürwortet das Gesuch, regt aber für die Zukunft Zurückhaltung bei Einbürgerungen an.

Risch Ferdi [Ferdinand] stellt die Erwägung, ob nicht angesichts der Frankenabwertung die Einbürgerungstaxe erhöht werden sollte.

Der Landtag beschliesst sodann bei Stimmenthaltung der Abg. Dr. Schädler, Basil Vogt und Präs. [Anton] Frommelt, das Gesuch des Bürgerrechtswerber William H. Donner dem Landesfürsten [Franz I.] befürwortend vorzulegen.

 

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[1] LI LA LTP 1936/132.
[2] Vgl. das Einbürgerungsdossier LI LA V 004/1936/09.
[3] Die Gemeinde Ruggell stimmte der Einbürgerung mit 112:2 Stimmen zu, vgl. LI LA V 004/1936/09, Gemeindevorstehung Ruggell an Regierung, 4. Okt. 1936.