Der Landtag stimmt der Einbürgerung von Georg Tietz und seiner Familie zu


Protokoll der Konferenzsitzung, gez. Anton Frommelt, Wendelin Beck und Johann Georg Hasler [1]

7.5.1937

2. Einbürgerung des Georg Tietz mit Frau [Edith, geb. Grünfeld], Sohn [Hans-Hermann] & Tochter [Rösli] in Triesen [2]

Der Landtag nimmt Kenntnis von den Gesuchsunterlagen und glaubt, dass beim Gesuchsteller versucht werden soll, die Einbürgerungstaxe auf Fr. 30'000 und die Steuer auf Fr. 1000 zu erhöhen. Dies insbesondere mit Rücksicht auf seine geordneten finanziellen Verhältnisse und seinen bald volljährigen Sohn und die Tochter, die doch immerhin eine Gefahr bedeuten.

Gemeindevorsteher und Abg. Ferdi [Ferdinand] Heidegger von Triesen setzte sich gemeinsam mit Herrn Regierungschef [Josef Hoop] mit dem Bürgerrechtswerber ins Benehmen, worauf sich dieser bereit erklärt, für sich und seine Kinder jährlich eine Steuer von Fr. 1600.-, also 800 für Gemeinde und Fr. 800 für das Land zu bezahlen. Für die Erhöhung der Einbürgerungstaxe lasse er sich nicht ein.

Vizepräsident [Emil] Batliner: Stimmen wir ab über den Fall. Ich nehme an, dass auch die Opposition dafür stimmt und nicht uns immer den Vorwurf macht, wir würden jeden Juden einkaufen.

[Peter] Büchel: Mir sind die Juden auch nicht sympathisch, aber ich möchte nicht gegen die Gemeinden schaffen.

Risch Ferdi [Ferdinand]: Was meinen Sie, Herr Doktor?

Dr. [Otto] Schädler: Ich bin grundsätzlich gegen jede Einbürgerung.

Vogt Basil: Ich möchte noch sagen, dass die Vermutung besteht, dass uns vorgeschrieben wird, wir müssen dagegen stimmen. Das stimmt nicht, denn es ist noch nie davon geredet worden, dass dagegen gestimmt werden solle. Es wurde keine Parole ausgegeben.

Batliner: Wer dafür ist, dass der Bürgerrechtswerber aufgenommen werde, möge dies mit Handerheben kundtun.

Die Abstimmung ergibt Ablehnung der Aufnahme.

Heidegger: Die Gemeinde Triesen ist in grösster Not, so müssen wir die Arbeiten einstellen. Wir haben bereits schon einen Vorschuss darauf genommen.

[Ludwig] Ospelt: Dann soll alles dafür stimmen.

Vogt B.: Der heutige Vorgang erachte ich als eine Erpressung.

Reg.Chef: Man darf nicht vergessen, in der Zeitung bekommt die Regierung und der Landtag Vorwürfe, man bürgere immer Juden ein.

Ospelt: Man darf auch nicht vergessen, dass mit solchem Geld schon Vieles geleistet worden ist, es sind wirtschaftliche Werte geschaffen worden.

[Franz Xaver] Hoop unterstützt Ospelt, ebenso Heidegger.

Büchel: Ich beantrage Wiedererwägung des Beschlusses. Mir ist es nur wegen Triesen. Ich habe nur aus diesem Grunde dafür gestimmt.

Reg. Chef: Wenigstens soll man nachher dann aber nicht immer angeödet werden.

Dr. Schädler: Für mich ist es eine grundsätzliche Einstellung, von der ich nicht abgehen kann. Ich habe weder dem einen, noch dem anderen zugestimmt aus Grundsätzlichkeit.

Büchel: Ich habe die gleichen Grundsätze, nur dem Drange der Not folgend kann ich mich dafür einsetzen. Wir sind ganz einig hier, aber ich sehe hier für die Gemeinde Triesen keine andere Möglichkeit.

Hoop: Bürger hätte wohl jede Gemeinde genug, aber es dreht sich hier um Arbeitsbeschaffung und damit werden noch wirtschaftliche Werte geschaffen.

Reg.Chef: Ich ersuche im Interesse der Gemeinde Triesen, alle Abgeordneten wollen dafür stimmen. Wenn die zwei Herren der Opposition nicht so lojal sein können, dass sie die Konzessionen machen, so erwarten wir, dass man wegen Einbürgerungen nicht mehr angeödet wird und bitten den Vorstand der Union, dem Herrn Redaktor [Carl von Vogelsang] entsprechende Weisungen zu geben.

Dr. Schädler: Ich muss betonen, dass es auf beiden Seiten Leute gibt, die grundsätzlich dagegen sind.

Sodann stimmt der Landtag nochmals über den Einbürgerungsfall ab, wobei die Mehrheit mit Stimmenthaltung des Abg. Dr. Schädler und Ferdi Risch für die Aufnahme des Bürgerrechtswerbers stimmt.

Reg.Chef glaubt, dass man diese lojale Einstellung auch in Zukunft erwarten dürfe.

Sodann wird das Protokoll der letzten Sitzung verlesen und auch genehmigt.

 

 

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[1] LI LA LTP 1937/101.
[2] Vgl. das Einbürgerungsdossier LI LA V 004/1937/10.