Fürst Franz Josef II. ersucht darum, die fürstliche Gemäldesammlung auf die Reichenau bringen zu können


Schreiben von Fürst Franz Josef II. an Regierungspräsident Hans Dellbrügge (Kopie, ungez.) [1]

14.2.1945

Sehr geehrter Herr Präsident!

Dank Ihrer freundlichen Mitwirkung wurde ein Teil meiner Kunstgüter zur Ausfahrt freigegeben und ist in grossem Umfang bereits hier eingetroffen. Von ganz geringfügigen Schäden abgesehen haben die Kunstgegenstände den Transport dank der Zuverlässigkeit der Deutschen Reichsbahn unerwartet gut überstanden und konnten hier sorgsamst untergebracht werden. Ich weiss das Entgegenkommen der Deutschen Reichsbehörden und der Deutschen Reichsbahn unter den heutigen Umständen zu schätzen. Gestatten Sie mir, sehr geehrter Herr Präsident, Ihnen für Ihre entscheidende hilfreiche Mitwirkung persönlichen Dank auszusprechen.

Grosse Sorge bereitet mir noch die endgültige Unterbringung des zur Zeit im "Schloss" befindlichen Teiles meiner Sammlung. [2] Hierzu hatte Ihr Referent, Herr Dr. Berg, meinem Bevollmächtigten, Herrn Dr. [Josef] Steegmann gegenüber erklärt, dass er einen Einspruch gegen die vorgeschlagene Unterbringung im Salzbergwerk zulässt. Inzwischen haben die von mir befragten Sachverständigen übereinstimmend erklärt, dass die Unterbringung von Ölgemälden in einem Salzbergwerk, gleich welcher Art, schwere fachliche Bedenken entgegenstehen. Nachdem durch Verhandlungen mit den zuständigen Behörden das Schloss Königsegg auf Reichenau als geeigneter Unterbringungsort sichergestellt ist, möchte ich vorschlagen, die im "Schloss" befindlichen Sammlungen mit den restlichen wertvollen Teilen meines Kunstbesitzes dorthin zu überführen.

Mit Ihnen, sehr geehrter Herr Präsident, habe ich nur das Bestreben das von meiner Familie durch mehrere Jahrhunderte aufgebaute und behütete Kulturgut durch die Gefahren des jetzigen Krieges in eine bessere Zeit hinüberzuretten und damit Wien zu erhalten. Diese Aufgabe empfinde ich als meine verantwortungsvolle Pflicht, die ich persönlich trage und von der mich vor der Geschichte niemand befreien kann.

Indem ich Ihnen, sehr geehrter Herr Präsident, für Ihre verständnisvolle Mitwirkung nochmals meinen wärmsten Dank ausspreche, verbleibe ich mit dem Ausdruck meiner vorzüglichsten Hochachtung

 

 

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[1] LI LA V 143/0043 (a).
[2] "Schloss" war der Deckname für die ehemalige Kartause Gaming in Niederösterreich, wohin nebst Bildern des Kunsthistorischen Museums Wien Anfang 1941 auch die wertvollsten Bestände der fürstlichen Gemäldesammlung verbracht wurden.