Das "Liechtensteiner Volksblatt" gedenkt des am 11. Februar 1929 verstorbenen Fürsten Johann II.


Artikel im "Liechtensteiner Volksblatt", nicht gez. [1]

12.2.1929

Der Vater unseres Volkes ist nicht mehr

Eine erschütternde Trauerbotschaft durchzog heute Montagabend unser liebes Heimatland. Von Feldsberg, dem Lieblingsaufenthalt unseres greisen Jubelmonarchen, kam die Trauerkunde, dass unser allgeliebter Landesvater, Seine Durchlaucht Fürst Johann II. von und zu Liechtenstein, selig im Herrn entschlafen sei. Siebzig und ein Viertel Jahre hat ihm Gott beschieden, die ruhmreiche Krone seiner Väter zu tragen. Und Fürst Johann ist seiner hohen, verantwortungsvollen Aufgabe gerecht geworden wie wenige Fürsten. Vor einem Vierteljahre noch freuten wir uns der verhältnismässig ausserordentlichen geistigen und körperlichen Frische unseres greisen Jubelmonarchen und brachten ihm, zwar in einfachem Rahmen, aber desto herzlicher unsere Huldigung dar.

Wer hätte damals geglaubt, dass gerade ein Vierteljahr später die Glocken sein Hinscheiden verkünden würden. Bei der damaligen Festsitzung des Landtages am 11. November 1928 hat unser verehrter Landtagspräsident, Hochw. Herr Pfarrer [Anton] Frommelt in seiner gehaltvollen und tiefempfundenen, wirklich zu Herzen gehenden Ansprache unseren guten, greisen Durchlauchtigsten Jubelmonarchen so recht als den Vater seines Volkes gezeichnet, was er ja in Tat und Wahrheit war. Fürst Johann II. war nicht nur Fürst, nicht nur Herrscher, o nein, er war viel mehr. Er ist seinem Lande, seinem Volke ein wahrhafter Vater in des Wortes edelstem Sinne gewesen

Stets war er bemüht, das Wohl seines kleinen Völkleins am jungen Rhein zu fördern und mannigfacher Art sind seine Beweise hiefür. Man könnte Bände darüber schreiben, wollte man all die Wohltaten gebührend festhalten, die Fürst Johann II. in seiner wahrhaft fürstlichen Grossmut und Freigebigkeit gespendet und all die Fortschritte auf religiösem, sozialem, kulturellem und wirtschaftlichem Gebiete, die unser Land unter seinem glorreich regierenden Jubelmonarchen erlebt hat. Die Zukunft wird ihm, dem Vater seines Volkes, ein Denkmal setzen, aber noch ein schöneres Denkmal wird ihm in den Herzen seiner allzeit dankbaren Landeskinder errichtet bleiben, die noch ihren Kindern und Kindeskindern von all den ungezählten Wohltaten ihres einstigen Landesvaters erzählen werden, der kein grösseres Glück kannte, als sein Volk glücklich zu sehen.

Als vor zehn Jahren Jahrhunderte alte Throne stürzten und ehrwürdige Herrscherkronen in den Staub fielen, ist ein Thron geblieben, der der Liechtensteine und nicht zuletzt war es der grosse Wohltäter Johann II. aus dem erlauchten Hause der Liechtensteine, der gewiss seinen Grossteil dazu beigetragen, den Bestand seines fürstlichen Hauses zu festigen. Nun ist er nicht mehr unter uns, er hat eine schmerzliche Lücke hinterlassen, wie sie nur da ist, wo die Kinder ihren Vater verlieren. Bewahren wir ihm in unseren Herzen stets Dankbarkeit und ein ehrendes Andenken.

 

 

 

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[1] L.Vo., Nr. 20, 12.2.1929, S. 2. Vgl. den Nachruf auf Fürst Johann II. in derselben Ausgabe des "Liechtensteiner Volksblattes" (L.Vo., 1929.02.12 (a)).