Eine Serviertochter verbreitet das Gerücht, Thronfolger Franz Josef habe in Feldkirch eine Hakenkreuzbinde getragen


Bericht des F.L. Sicherheitskorps an die Regierung, gez. Josef Brunhart [1]

4.7.1938

N.N.1

Bericht

N.N.2, Reisender bei der Firma Wunderli-Müller A.G. in Chur erzählte am 28.6.1938 gegen Mittag im Café Real in Vaduz am Wirtstische folgendes: Eine Österreicherin, die in Liechtenstein in Stellung sei, habe ihm erzählt, der Thronfolger Prinz Franz Josef sei auch ein Nazi, er sei in Feldkirch mit einer Hakenkreuzbinde am Arm herumgelaufen.

Von Wchtmstr. Brunhart dann befragt, sagte N.N.2, die Serviertochter auf Masescha habe dies am 27.6.1938 nachmittags ihm erzählt und soviel ihm recht sei, habe sie gesagt, sie hätte es selber gesehen.

Die in Frage stehende Serviertochter im Kurhaus Masescha, N.N.1, geboren am 6.2.1910 von Gisingen, Vorarlberg, gab über Befragen durch Schutzmann Meier an: "Es ist richtig, dass ich zu dem Schweizer, es ist ein Reisender, dies gesagt habe. Zur Zeit des Umschwunges in Österreich war dies das allgemeine Gespräch in Feldkirch. Als zu dieser Zeit ich einmal in Feldkirch beim Bären war, stieg im Hotel Bären ein Herr, der im Auto dahergefahren kam, ab. Dieser hatte, wie ich selbst sah, eine Hakenkreuzbinde am Arm. Es waren noch viele andere Leute dort und ich hörte um mich herum sagen, indem sie auf diesen Herrn hinwiesen, das sei der Thronfolger von Liechtenstein. Ich kannte und kenne den Thronfolger nicht, nur weil die Leute damals beim Bären sagten, dies sei er, glaubte ich, ihn gesehen zu haben, ob er aber wirklich der Thronfolger war, kann ich nicht sagen."

Die N.N.1 wurde dahingehend verwarnt, dass sie, angesichts der Unstichhältigkeit des von ihr angeblich in Feldkirch beim Bären wahrgenommenen Gespräches anderer, solche Gerüchte zu verbreiten, zu unterlassen habe.

gez. Brunhart [2]

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[1] LI LA RF 181/316/001. E.Nr. 815. Vgl. das Schreiben der Regierung an Jakob Sprenger in Gams vom 22. April 1938, in dem sie dem Gerücht entgegentrat, dass Thronfolger Franz Josef sich für den Anschluss Liechtensteins an Deutschland ausspreche (LI LA RF 179/130/061).
[2]  Die Angelegenheit wurde von Regierungschef Josef Hoop gemäss handschrifltichem Vermerk am 11. Juli 1938 ad acta gelegt.