Emil Schoch tritt dem Gerücht über den Abschluss eines Vertrages zwischen Liechtenstein und der Schweiz über die Abtretung des Ellhorns entgegen


Schreiben von Emil Schoch, Direktor der Schweizerischen Volksbank in St. Gallen, an Oberst Bruno Pfister, Kriegskommissar des 4. Armeekorps (Abschrift) [1]

11.3.1940, St. Gallen

Als wir uns nach der letzten Verwaltungsrats-Sitzung der Hawag im Hotel Gotthard zum Mittagessen zusammenfanden, war u.a. auch die Rede vom Fürstentum Liechtenstein. Sie haben in Anwesenheit mehrerer Zeugen die Erklärung abgegeben, dass zwischen der Eidgenossenschaft und der fürstlichen Regierung in Vaduz über die Abtretung des "Ellhorns" ein Vertrag bestanden habe, den sie mit eigenen Augen eingesehen hätten. Dieser Vertrag sei vom Lande Liechtenstein nicht erfüllt worden, weil "Berlin abgewunken habe". [2]

Schon in Zürich sagte ich Ihnen, dass ich diese Dinge nicht glauben könne. Ich hatte inzwischen Gelegenheit, mit der fürstlichen Regierung über den Fall zu sprechen. Sie bezeichnet Ihre Behauptung für ebenso grotesk wie empörend und behält sich vor, sofort in Bern einen militärgerichtlichen Untersuch darüber anstellen zu lassen, wie der ominöse Vertrag, den Sie eingesehen haben wollen, entstanden sein könnte und wo er momentan stecke. Vorläufig konnte ich Herrn Dr. [Josef] Hoop davon abhalten, sofort nach Bern zu reisen. Was halten Sie heute von der Sache?

Hochachtend

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[1] LI LA RF 197/481/006. Die Abschrift übermittelte Schoch mit Schreiben vom 12.3.1940 an Regierungschef Josef Hoop (LI LA RF 197/481/007).
[2] Die schweizerisch-liechtensteinischen Verhandlungen über die Abtretung des Ellhorns scheiterten vorerst am 19.1.1939 in Bern.