Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend Konzession einer elektrischen Schmalspurbahn von Landquart über Ragaz nach der liechtensteinischen Grenze


Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend Konzession einer elektrischen Schmalspurbahn von Landquart über Ragaz nach der liechtensteinischen Grenze. [1]

(Vom 16. April 1907.)

Tit.

Mittelst Eingabe vom 27. April 1905 unterbreitete das Initiativkomitee für eine Schmalspurbahn von Landquart über Ragaz zur liechtensteinischen Grenze, vertreten durch Herrn Oberst [Theophil] von Sprecher in Maienfeld, welcher später durch Herrn Fridolin Simon, Kantonsrat in Ragaz, ersetzt wurde und Herrn [Hans Luzius] von Gugelberg, Ingenieur in Maienfeld, dem Eisenbahndepartement zu Handen der Bundesbehörden das Gesuch, es möchte dem Komitee zu Händen einer zu bildenden Aktiengesellschaft die Konzession für den Bau und den Betrieb der genannten Bahn erteilt werden. Dieselbe soll auf dem Gebiete des Fürstentums Liechtenstein bis nach Schaan fortgesetzt werden.

Gemäss dem allgemeinen Bericht hat diese Bahn den Zweck, das Fürstentum Liechtenstein, und die Arlbergbahn mit der Rhätischen Bahn zu verbinden. Diese letztere habe daher kein kleines Interesse an der Realisierung dieses Projektes, das ihr neuen Verkehr und neue Einnahmsquellen verschaffen würde. In nicht geringerem Masse sei Ragaz an einer direkten Verbindung mit dem Netz der Rhätischen Bahn interessiert. Der direkte Verkehr zwischen Ragaz und den Stationen der Rhätischen Bahn habe sich seit der Eröffnung der Albulabahn noch wesentlich gehoben, so dass es für Ragaz immer wünschenswerter erscheine, bessere Verkehrsverbindungen zu erhalten. Hierzu gehöre vor allem die Möglichkeit, dem reisenden Publikum schon in Ragaz Gelegenheit geben zu können, direkte Züge der Rhätischen Bahn oder wenigstens direkte Wagen nach Davos und dem Engadin zu benutzen, und besonders für Fremde mit Gepäck das lästige Umsteigen in Landquart oder Chur zu vermeiden. In richtiger Erkenntnis dieser Sachlage haben die Herren Gebrüder Simon in Ragaz schon im Jahr 1903 ein Konzessionsgesuch für eine elektrische Strassenbahn von ihren Kuranstalten über Tardisbrücke nach Landquart eingereicht. Dieses Konzessionsgesuch wurde später zu gunsten des heute vorliegenden grössern Projektes zurückgezogen.

Im technischen Berichte wird die ganze Linie Schaan-Landquart besprochen. Danach nimmt die Bahnlinie ihren Anfang bei der Station Schaan-Vaduz der österreichischen Staatsbahn und durchzieht das ganze Fürstentum, sich im allgemeinen in der Talebene zwischen Rhein und Landstrasse haltend.

Am Ellhorn, der steil ins Rheintal vorspringenden Felswand, überschreitet die Bahn die Schweizergrenze, hält sich vorerst längs des Rheinwuhres und erreicht bei km. 3,1 (Nullpunkt die Landesgrenze) die Station Fläsch. Die Linie wendet sich nach Verlassen dieser Station wieder dem Rhein zu und erreicht den Bahnkörper der S.B.B. unweit der bestehenden Eisenbahnbrücke bei Ragaz, um von hier an bis Landquart demselben stets zu folgen. Ragaz wird mit der neuen Linie mittelst einer Abzweigung und einer neuen Eisenbahnbrücke direkt sowohl nach oben als nach unten verbunden.

Infolge der in Aussicht .genommenen Betriebsgemeinschaft mit der Rhätischen Bahn sollen auch die konzessionsmässigen Taxen für die neue Linie denjenigen der Talstrecke der Rhätischen Bahn gleichgestellt werden. Die Bahn soll nach den Normalien der Rhätischen Bahn und mit Minimalradien von 120 m. zur Ausführung kommen. Die Maximalsteigung beträgt 12 %o. Der summarische Kostenvoranschlag enthält folgende Hauptposten:

A. Schweizerischer Teil.

Bahnanlage und feste Einrichtungen.

Organisations- und Verwaltungskosten

Fr. 75,000

Verzinsung des Baukapitals

Fr. 25,000

Expropriation

Fr. 80,000

Unterbau

Fr. 697,000

Oberbau

Fr. 286,000

Hochbau und mech. Stationseinrichtungen

Fr. 200,000

Elektrische Leitungen

Fr. 130,000

Signale, Einfriedigungen und Verschiedenes

Fr. 12,000

Total, Bahnanlage und feste Einrichtungen

Fr. 1,505,000

Rollmaterial und Transformatorenstation

Fr. 220,000

Mobiliar und Gerätschaften

Fr. 12,000

Gesamtanlagekosten

Fr. 1,737,000

oder per Bahnkilometer  Fr. 147,000.

B. Liechtensteinischer Teil                                      Fr.  1,980,000

Total der ganzen Linie                                            Fr. 3,717,000

oder per Bahnkilometer Fr. 134,000.

II.

Die Generaldirektion der Schweizerischen Bundesbahnen, welche mit Rücksicht auf die ihr durch die neue Linie erwachsende Konkurrenz zur Vernehmlassung eingeladen worden war, sprach sich unterm 23. Juni 1905 gegen die Erteilung der Konzession aus, indem sie zur Begründung folgendes anführte:

Wenn es sich bei diesem Eisenbahnprojekte lediglich um eine Fortsetzung der Rhätischen Bahn von Landquart über Maienfeld bis Ragaz zur Bedienung des lokalen Verkehres handeln würde, könnten die Bundesbahnen darauf verzichten, gegen dasselbe Stellung zu nehmen, trotz des Ausfalles, der ihnen durch die parallel laufende Konkurrenzlinie im Personen- und Güterverkehr verursacht würde.

Anders gestalte sich aber die Frage, da der Anschluss an die österreichische Staatsbahn gesucht und sogar in den Vordergrund gestellt und die internationale Bedeutung der neuen Linie betont werde. Es handle sich dabei für die Bundesbahnen nicht bloss darum, dass ihnen für den Verkehr von und nach der Arlbergbahn gegenüber der Route via Buchs eine Konkurrenz geschaffen werde. Viel gefährlicher sei die Erstellung einer direkten Verbindung mit dem Bodensee und weiter mit Süddeutschland unter Umgehung der Bundesbahnen und der Schweiz überhaupt.

Die Befürchtung sei keineswegs aus der Luft gegriffen. Wiederholt schon seien Versuche gemacht worden, für die Verbindung zwischen Süddeutschland und Chur und weiter die schweizerische Rheintallinie zu umgehen und Schnellzüge via Bregenz-Feldkirch zu führen. Die Generaldirektion sei in der Lage, diesen Bestrebungen wirksam entgegenzutreten, solange noch ein Stück der Bundesbahnen zur Durchführung dieser Züge mitbenutzt werden müsse, die Strecke Buchs-Sargans-Landquart- Chur. Die Stellung der Generaldirektion gegenüber den ausländischen Bahnen werde aber wesentlich erschwert, wenn eine Konkurrenzlinie erstellt werde, welche den Fremdenverkehr mit Graubünden unter vollständiger Beiseitelassung der Bundesbahnen vermitteln könne.

Es liege auf der Hand, dass mit dem Entzug eines so wichtigen Reisendenverkehrs nicht nur den Bundesbahnen Schaden erwachse, sondern ebensosehr der an der bedrohten Bundesbahnlinie gelegenen Landesgegend. Diese Schädigung werde entstehen direkt durch die Notwendigkeit einer Zugsreduktion und indirekt durch Herabminderung der Zahl der die längern schweizerischen Strecken befahrenden Reisenden. Es seien somit nicht nur die Einnahmen der Bundesbahnen berührt, sondern auch der aus dem Touristenverkehr resultierende Erwerb.

Nach der Ansicht der Generaldirektion lägen somit schwerwiegende Interessen einer grössern Landesgegend und der Bundesbahnen .vor, welchen gegenüber die ins Feld geführten anderweitigen Interessen, speziell auch diejenigen des Kurortes Ragaz, zurücktreten müssen. Wie oben gesagt, würde die Generaldirektion gegen eine Weiterführung der Rhätischen Bahn von Landquart über Maienfeld nach Ragaz keinen Einspruch erheben, dagegen müsse sie sich entschieden gegen eine Fortsetzung bis an die Schweizergrenze in der Richtung nach Feldkirch aussprechen.

In seiner Entgegnung vom 18. Oktober 1905 bemerkte das Initiativkomitee, die von der Generaldirektion erhobenen Einwendungen möchten allenfalls zutreffen, wenn es sich um den Bau einer Normalspurbahn handelte. Aber selbst dann müsse betont werden, dass unter ähnlichen Verhältnissen an der Nordgrenze der Schweiz dem Zustandekommen der parallelen Konkurrenzbahn jenseits des Rheines nicht nur nichts in den Weg gelegt, sondern demselben von seiten der Schweiz Vorschub geleistet worden sei. An der Ostgrenze des Landes sollen in kleinerm Massstabe ähnliche Verhältnisse geschaffen werden. Das Komitee nehme davon Kenntnis, dass auch die Generaldirektion gegen die Aufnahme des Lokalverkehrs keine Einwendungen mache. Eine sehr grosse Bedeutung scheine aber die Generaldirektion der schweizerischen Bundesbahnen der gefürchteten Ableitung des Durchgangsverkehrs Nord-Süd beizumessen, wenn sie in ihrer Vernehmlassung schreibe:

„Viel gefährlicher ist die Erstellung einer direkten Verbindung mit dem Bodensee und weiter mit Süddeutschland unter Umgehung der Bundesbahnen überhaupt.“

Es müsse da von vornherein auffallen, wenn eine fertig ausgebaute Normallinie mit sehr günstigen Steigungs- und Richtungsverhältnissen die Konkurrenz einer Linie für den Durchgangsverkehr befürchte, bei der ein Wechsel von Normal- auf Schmalspur stattfinde, zwei Spitzkehren vorkommen und die auf der Strecke Bregenz-Chur auf 30 Stationen den Lokalverkehr aufnehme, während die schweizerischen Bundesbahnen nur 18 Stationen zu bedienen haben.

Ausserdem seien die Strecken Bregenz-Ragaz, Bregenz-Landquart und Bregenz-Chur via schweizerische Bundesbahnen etwas kürzer als via Schaan-Vaduz, während sich für die Schmalspurbahn einige kleine Abkürzungen ergeben auf den Strecken Schaan-Ragaz, Schaan-Landquart und Schaan-Chur. Aber auch hier, wo von einem Durchgangsverkehr nicht mehr gesprochen werden könne, sei die Fahrzeit auf der Normalbahn kürzer als auf der geplanten Linie. Als eigentliche grosse internationale Verkehrslinie für Durchgangsverkehr könne nur die Strecke Sargans-Buchs gelten. Hier verkehren die Schnellzüge Paris-Wien, und tatsächlich sei der Verkehr Zürich - Arlberg gross. Der Einfluss der geplanten Linie auf diesen Durchgangsverkehr sei aber derart unbedeutend, dass er nicht in Betracht fallen könne. Zudem habe die schweizerische Bundesbahn die Mittel an der Hand, sich die bessern Anschlüsse an diese grossen Schnellzüge zu sichern.

Die schweizerischen Bundesbahnen seien also ganz zweifelsohne im Falle, der vermeintlichen Konkurrenz im Durchgangsverkehr durch entsprechende Gestaltung der Fahrpläne und Anschlüsse entgegenzutreten. Zugegeben werde, dass sich etwelcher Abbruch an Lokalverkehr der schweizerischen Bundesbahnen ergeben werde, deswegen aber dem Projekte entgegenzutreten, seien die schweizerischen Bundesbahnen um so weniger berechtigt, als sie die Landgemeinden durch ihre Fahrplangestaltung darauf verweisen, sich durch Anschluss an eine Sekundärbahn die Wohltaten besserer Bahnanschlüsse zu sichern. Die projektierte Bahn bringe einzelnen Gegenden und Ortschaften grosse Vorteile, so namentlich dem Kurort Ragaz, der Gemeinde Fläsch, die bei Ablehnung des Konzessionsgesuches niemals Aussicht hätte, an das bündnerische Bahnnetz angeschlossen zu werden oder überhaupt eine Bahnstation zu bekommen. Für die Bahn sei elektrischer Betrieb vorgesehen. Dadurch würde das Zustandekommen eines grössern, bei Ragaz geplanten Elektrizitätswerkes gefördert. Da viel billig zu gewinnende Kraft vorhanden sei, würde für die ganze Gegend Kraft für Beleuchtungszwecke und das Kleingewerbe disponibel, und zwar, wie sich voraussehen liesse, zu recht günstigen Bedingungen. Dies würde einen wesentlichen Vorteil bedeuten, wenn derselbe auch nur indirekt durch den Bahnbau herbeigeführt werde. Gegenüber der Auffassung der Bundesbahnen, Schweizergebiet werde umgangen und abgefahren, sei zu bemerken, dass gerade das Gegenteil zutreffe, weil der grösste und entwicklungsfähigste Teil des Fürstentums Liechtenstein durch den geplanten Bahnbau an die Schweiz angeschlossen werde. Bei dem vorliegenden Projekte handle es sich daher um eine Bahnlinie, die hauptsächlich nur dem Lokalverkehr diene, und die den Bundesbahnen den Ausfall am Durchgangsverkehr anderseitig ersetzen werde. Die Generaldirektion der schweizerischen Bundesbahnen erklärte hierauf unterm 14. November 1905, an ihrem ablehnenden Standpunkte festhalten zu müssen.

Indem wir uns im übrigen erlauben, auf die bezügliche, bei den Akten liegende Eingabe der Generaldirektion zu verweisen, beschränken wir uns auf die Bemerkung, dass dieselbe zum grundsätzlichen Standpunkt nochmals hervorhebt, dass sie sich zu einer Einsprache nicht veranlasst sehen würde, wenn es sich lediglich um die Konkurrenz einer Lokalbahn handeln würde. Wohl aber erachte sie die allgemeinen Landesinteressen dadurch gefährdet, dass eine internationale Verbindung des Kantons Graubünden mit dem österreichischen Bahnnetz unter Umgehung der schweizerischen Rheintallinie angestrebt werde. Die Antwort des Initiativkomitees verkenne diese höchst wichtige Seite der Frage vollständig.

III.

Von den Regierungen der beteiligten Kantone Graubünden und St. Gallen empfahl diejenige Graubündens das Konzessionsgesuch, während die Regierung des Kantons St. Gallen unterm 2. Dezember 1905 Ablehnung beantragte, indem sie zu dem Schlusse kam, dass mit Verwirklichung der neuen Linie, welche für die Rhätische Bahn, den nördlichen Teil des Kantons Graubünden, sowie auch namentlich für Liechtenstein und Vorarlberg Wert habe, nicht nur kantonale, sondern infolge merklicher Benachteiligung der Bundesbahnen und deren Entwicklung, auch wesentliche schweizerische Interessen recht empfindlich benachteiligt würden.

Mittelst Eingabe vom 23. Oktober 1906 kam die Regierung des Kantons St. Gallen auf ihre Vernehmlassung vom 2. Dezember 1905 zurück, indem sie darauf hinwies, dass die Situation sich seither verändert habe. Es sei nämlich von Freunden des Projekts sehr entschieden der Standpunkt vertreten worden, dass man angesichts der ablehnenden Haltung der st. gallischen Regierung die Linie mit einer Änderung des Projektes, und zwar ohne Berührung des st. gallischen Staatsgebietes, also ohne die Abzweigung nach Ragaz, bauen und damit die Verbindung Schaan-Landquart wesentlich abkürzen werde. Würde dieser Gedanke, wie es den Anschein habe, zur Verwirklichung gelangen, und die direkte Linie Landquart-Schaan die Konzessionierung erlangen, so ergäbe sich folgendes:

Die aus der Konkurrenzstellung der Liechtensteinerbahn zur Bundesbahnlinie Landquart-Sargans-Buchs sich ergebenden Nachteile für letztere würden gleichwohl eintreten. Dagegen wäre der Kanton St. Gallen nun insofern benachteiligt, dass er keinen Anschluss an die neue Linie bekäme, und besonders der Kurort Ragaz die Vorteile nicht erhalten würde, die zweifellos eine direkte normalspurige Verbindung desselben mit den bündnerischen Kurorten im Engadin, Davos, Oberland u. s. w. mit sich bringen müsse. Dem Kanton St. Gallen und seinem Kurort Ragaz würden aus seiner bisherigen ablehnenden Haltung und aus seiner Rücksichtsnahme auf die Interessen der Bundesbahnen durch den Bau der Direkten Landquart-Schaan schwere Nachteile erwachsen, ohne dass den schweizerischen Bundesbahnen hieraus irgend ein Vorteil erwüchse.

Der Regierungsrat des Kantons St. Gallen erteilte daher die Zustimmung zur Erteilung der Konzession, wobei er jedoch an diese Zustimmung die Bedingung knüpfte, dass in die Konzession eine Bestimmung folgenden Inhalts aufgenommen werde: „Auf der Station Ragaz haben auch bei einer allfälligen Zugsvermehrung alle Züge, welche Personen befördern, anzuhalten.“

Laut dem Berichte des Militärdepartements vom 20. Februar 1907 kann die Frage, ob die projektierte Schmalspurbahn den Interessen der Landesverteidigung schaden könne, nicht unbedingt verneint werden, doch fallen die bezüglichen Bedenken nicht in dem Masse in Betracht, dass es gerechtfertigt wäre, aus militärischen Gründen das Konzessionsgesuch abzulehnen.

Die konferenziellen Verhandlungen fanden am 27. März 1907 in Bern statt. In dem vom Eisenbahndepartement vorgelegten Entwurfe figurierte das zweite Alinea des Artikels l, wonach die Bahn als Nebenbahn im Sinne des Bundesgesetzes vom 21. Dezember 1899 erklärt wird, nicht. Es entspann sich eine Diskussion, darüber, ob es sich bei der projektierten Linie um eine Haupt- oder Nebenbahn handle. Die Konzessionsbewerber und der Vertreter der Regierung des Kantons Graubünden wünschten, dass die Bahn als Nebenbahn bezeichnet werde, indem sie ausführten, dieselbe diene hauptsächlich dem Lokalverkehr, während die Vertreter des Eisenbahndepartements der Ansicht waren, die Bahn vermittle auch den grossen Durchgangsverkehr für Personen und Güter, weshalb sie gemäss Art. l des Nebenbahnengesetzes vom 21. Dezember 1899 als Hauptbahn zu betrachten sei. Eine Einigung fand nicht statt. Der Vorsteher des Eisenbahndepartements entschied, es sei die Bahn als Nebenbahn zu erklären.

Im Entwurf des Eisenbahndepartements fand sich im fernern, nicht vor das zweite Alinea des Art. 13, wonach auf der Station Ragaz auch bei einer allfälligen Zugsvermehrung alle Züge, welche Personen befördern, anzuhalten haben. Der Vertreter der Regierung des Kantons St. Gallen und die Vertreter des Initiativkomitees verlangten die Aufnahme dieses Zusatzes, während der Vertreter der Regierung des Kantons Graubünden gegen die Aufnahme einer derartigen Bestimmung in den Konzessionsentwurf protestierte, im übrigen aber die Ansicht vertrat, es sollten in der Regel die Personenzüge in Ragaz anhalten, es sei aber nicht ausgeschlossen, dass möglicherweise einmal das Bedürfnis eintreten werde, einen Zug direkt von Landquart nach Schaan ohne Berührung von Ragaz durchzuführen. Die Konzessionsbewerber erklärten sich bereit, alle Personenzüge in Ragaz anhalten zu lassen, worauf die Vertreter des Eisenbahndepartements beantragten, es sei von dieser Erklärung sowohl im Konferenzprotokoll als in der Botschaft Vormerk zu nehmen, wogegen von der Aufnahme dieses Vorbehalts in den Konzessionsentwurf Umgang zu nehmen sei. Eine Verständigung wurde hierüber nicht erzielt. Der Vorsteher des Eisenbahndepartements verfügte die Aufnahme des fraglichen Zusatzes in die Konzession. Mit den übrigen Bestimmungen erklärte man sich nach Vornahme einiger Änderungen untergeordneter Natur einverstanden.

IV.

Für die Frage, ob die Konzession erteilt oder verweigert werden solle, kommen folgende Erwägungen in Betracht: Die Bahn wird in erster Linie dazu berufen sein, die Rhätische Bahn mit dem Fürstentum Liechtenstein in Verbindung zu bringen; sie wird daher hauptsächlich für den Lokalverkehr in Betracht kommen. Daneben wird sie allerdings auch dem Durchgangsverkehr dienen. Der Verkehr von Württemberg und Bayern nach der Rhätischen Bahn wird zum grössern Teil über Bregenz-Schaan-Vaduz geleitet werden. Diese Route kommt aber insbesondere für den Güterverkehr nur wenig in Betracht, da der Kanton Graubünden seine Bedarfsartikel hauptsächlich aus der Ostschweiz bezieht, nämlich von St. Gallen und Zürich. Wir halten daher die den Bundesbahnen erwachsende Konkurrenz nicht für so erheblich, dass wir Ihnen die Ablehnung der Konzession empfehlen könnten. Für die Konzessionserteilung spricht ferner der Umstand, dass die Bahn den Gemeinden Jenins, Maienfeld, Ragaz und Fläsch grosse Vorteile bringen wird.

Mit dem Eisenbahndepartement halten wir dafür, dass die Bahn mit Rücksicht auf ihren überwiegend lokalen Charakter als Nebenbahn zu bezeichnen sei. Im Art. 13 haben wir den vom Vertreter des Kantons St. Gallen verlangten Zusatz aufgenommen, da wir grossen Wert darauf legen, dass die Bahngesellschaft durch eine Konzessionsbestimmung verhalten werde, alle Personenzüge in Ragaz anhalten zu lassen.

Zu weitern Bemerkungen sehen wir uns nicht veranlasst. Wir empfehlen Ihnen den nachstehenden Beschlussentwurf zur Annahme, und benützen auch diese Gelegenheit, Sie, Tit., unserer ausgezeichneten Hochachtung zu versichern.

Bern, den 16. April 1907.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates,

Der Bundespräsident:

Müller.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft:

Ringier.

--------------------------

(Entwurf.)

Bundesbeschluss betreffend Konzession einer elektrischen Schmalspurbahn von Landquart über Ragaz nach der liechtensteinischen Grenze.

Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft,

nach Einsicht

1. einer Eingabe eines Initiativkomitees für eine Eisenbahn von Landquart über Ragaz nach der liechtensteinischen Grenze, vom 27. April 1905;

2. einer Botschaft des Bundesrates vom 16. April 1907,

beschliesst:

Einem Initiativkomitee, vertreten durch die Herren Fridolin Simon, Kantonsrat in Ragaz, und H. v. Gugelberg, Ingenieur in Zürich, wird zu Handen einer zu bildenden Aktiengesellschaft die Konzession für den Bau und den Betrieb einer elektrischen Schmalspurbahn von Landquart (Station der S.B.B., und Rh.B.) über Maienfeld und Ragaz (Station der S.B.B.) nach der liechtensteinischen Grenze beim „Ellhorn" unter den in den nach- folgenden Artikeln enthaltenen Bedingungen erteilt.

Art. 1. Es sollen die jeweiligen Bundesgesetze, sowie alle übrigen Vorschriften der Bundesbehörden über den Bau und Betrieb der schweizerischen Eisenbahnen jederzeit genaue Beachtung finden.

Die Bahn wird als Nebenbahn im Sinne des Bundesgesetzes vom 21. Dezember 1899 erklärt.

Art. 2. Die Konzession wird auf die Dauer von 80 Jahren, vom Inkrafttreten des gegenwärtigen Beschlusses an gerechnet, erteilt.

Art. 3. Der Sitz der Gesellschaft ist in Chur.

Art. 4. Die Mehrheit der Direktion und des Verwaltungsrates oder weiteren Ausschusses soll aus Schweizerbürgern, welche ihren Wohnsitz in der Schweiz haben, bestehen. Das Bahn- und Stationspersonal soll ausschliesslich schweizerischer Nationalität sein.

Art. 5. Binnen einer Frist von 24 Monaten, vom Inkrafttreten des gegenwärtigen Beschlusses an gerechnet, sind dem Bundesrat die vorschriftsmässigen technischen und finanziellen Vorlagen nebst den Statuten der Gesellschaft einzureichen. Innert 6 Monaten nach der Plangenehmigung ist mit den Erdarbeiten für die Erstellung der Bahn zu beginnen.

Art. 6. Binnen 2 Jahren, vom Beginn der Erdarbeiten an gerechnet, ist die ganze konzessionierte Linie zu vollenden und dem Betriebe zu übergeben.

Art. 7. Die Ausführung des Bahnbaues, sowie der zum Betrieb der Bahn erforderlichen Einrichtungen darf nur geschehen auf Grund von Ausführungsplänen, welche vorher dem Bundesrat vorgelegt und von diesem genehmigt worden sind. Der Bundesrat ist berechtigt, auch nach Genehmigung der Pläne eine Abänderung derselben zu verlangen, wenn eine solche durch die Fürsorge für die Sicherheit des Betriebes geboten ist.

Art. 8. Die Bahn wird mit Spurweite von 1 Meter und eingeleisig erstellt und mittelst Elektrizität oder Dampf betrieben

Art. 9. Gegenstände von wissenschaftlichem Interesse, welche durch die Bauarbeiten zu Tage gefördert werden, wie Versteinerungen, Münzen, Medaillen u. s. w., sind Eigentum des Kantons, auf dessen Gebiet sie gefunden werden, und an dessen Regierung unentgeltlich abzuliefern.

Art. 10. Den eidgenössischen Beamten, welchen die Überwachung der Bahn hinsichtlich der Bauten oder des Betriebes obliegt, hat die Bahnverwaltung behufs Erfüllung ihrer Aufgabe zu jeder Zeit Einsicht von allen Teilen der Bahn, der Stationen und des Materials zu gestatten, sowie das zur Untersuchung nötige Personal und Material zur Verfügung zu stellen.

Art. 11. Der Bundesrat kann verlangen, dass Beamte oder Angestellte der Gesellschaft, welche in der Ausübung ihrer Funktionen zu begründeten Klagen Anlass geben und gegen welche die Gesellschaft nicht von sich aus einschreitet, zur Ordnung gewiesen, bestraft oder nötigenfalls entlassen werden.

Ebenso hat er das Recht, zu verlangen, dass Mitglieder der Verwaltung, welchen vorübergehend oder dauernd Funktionen eines Beamten oder Angestellten übertragen sind und die in der Ausübung derselben Anlass zu begründeten Klagen geben, dieser Funktionen enthoben werden.

Art. 12. Die Gesellschaft hat sich dem Transportreglement der schweizerischen Eisenbahn- und Dampfschiffunternehmungen zu unterziehen. Soweit sie Änderungen nötig findet, können solche erst eingeführt werden, nachdem sie vom Bundesrat genehmigt worden sind.

Art. 13. Die Beförderung von Personen soll täglich mindestens 4mal nach beiden Richtungen, von einem Endpunkt der Bahn zum andern und mit Anhalten auf allen Stationen, erfolgen.

Auf der Station Ragaz haben auch bei einer allfälligen Zugsvermehrung alle Züge, welche Personen befördern, anzuhalten.

Die Fahrgeschwindigkeit der Züge wird vom Bundesrat festgesetzt.

Art. 14. Die Gesellschaft wird zur Personenbeförderung Wagen II. und III. Klasse nach dem Durchgangssystem aufstellen.

In der Regel sind allen Personenzügen Wagen beider Klassen beizugeben; Ausnahmen kann nur der Bundesrat gewähren.

Die Gesellschaft hat dafür zu sorgen, dass alle auf einen Zug mit Personenbeförderung sich Anmeldenden, wenn immer möglich, durch denselben, und zwar auf Sitzplätzen, befördert werden können. Auf Verlangen des Bundesrates sind auch mit Warenzügen Personen zu befördern.

Der Bundesrat kann die Einführung der ersten Klasse gestatten.

Art. 15. Für die Beförderung von Personen können Taxen bis auf den Betrag folgender Ansätze bezogen werden:

in der zweiten Wagenklasse 12 Rappen,

in der dritten Wagenklasse 6 Rappen

per Kilometer der Bahnlänge.

Für Hin- und Rückfahrten sind die Personentaxen mindestens 20 % niedriger anzusetzen als für doppelte einmalige Fahrten.

Kinder unter vier Jahren sind gratis zu befördern, sofern für solche kein besonderer Sitzplatz beansprucht wird.

Für Kinder zwischen dem vierten und dem zurückgelegtem zehnten Altersjahre ist in beiden Wagenklassen die Hälfte der Taxe zu zahlen. Der Bundesrat ist berechtigt, diese Altersgrenze- von zehn Jahren zu erweitern.

Die Gesellschaft ist verpflichtet, zu Bedingungen, welche im Einvernehmen mit dem Bundesrat aufzustellen sind, Abonnementsbillette zu reduzierter Taxe auszugeben.

Im Falle der Einführung der ersten Klasse setzt der Bundesrat die Taxe fest.

Art. 16. Für die Beförderung von Armen, welche sich als solche durch Zeugnis der zuständigen Behörden ausweisen, ist die halbe Personentaxe zu berechnen.

Auf Anordnung eidgenössischer oder kantonaler Behörden, sind auch Arrestanten zu transportieren.

Der Bundesrat wird hierüber die nähern Bestimmungen aufstellen.

Art. 17. Jeder Reisende ist berechtigt, 10 Kilogramm Reisegepäck taxfrei zu befördern, sofern es ohne Belästigung der Mitreisenden im Personenwagen untergebracht werden kann.

Für anderes Reisegepäck kann eine Taxe von höchstens

8 Rappen per 100 Kilogramm und per Kilometer bezogen werden.

Mit Zustimmung des Bundesrates kann für das Reisendengepäck ein Abfertigungsverfahren mit einer einheitlichen Taxe eingeführt werden. In diesem Falle setzt der Bundesrat die Taxe fest.

Art. 18. Bei der Erstellung der Gütertarife ist im allgemeinen vom Gewicht und Umfang der Warensendungen auszugehen, aber, soweit es die Bedürfnisse von Industrie, Gewerbe, Handel und Landwirtschaft rechtfertigen, auch auf den Wert und die wirtschaftliche Bedeutung der Waren Rücksicht zu nehmen.

Es sind Klassen aufzustellen, deren höchste nicht über 2,5 Rappen, und deren niedrigste nicht über 1,5 Rappen per 100 Kilogramm und per Kilometer betragen soll.

Eine ganze Wagenladung (d. h. mindestens 5000 Kilogramm oder 5 Tonnen) hat gegenüber den Stücksendungen Anspruch auf Rabatt.

Bei Beförderung von Waren in Eilfracht kann die Taxe um 100 % des gewöhnlichen Ansatzes erhöht werden.

Die für Industrie, Gewerbe und Landwirtschaft erforderlichen Rohstoffe sollen am niedrigsten taxiert werden.

Art. 19. Für den Transport von Edelmetallen, von barem Gelde und von Kostbarkeiten mit deklariertem Wert ist für Fr. 1000 per Kilometer höchstens 1 Rappen zu erheben.

Art. 20. Traglasten mit landwirtschaftlichen und einheimischen gewerblichen Erzeugnissen, sowie Handwerkszeug für den persönlichen Gebrauch des Aufgebers, welche in Begleitung der Träger, wenn auch in besonderen Wagen, mit den Personenzügen transportiert und am Bestimmungsort sofort wieder in Empfang genommen werden, sind, soweit sie das Gewicht von 25 Kilogramm nicht übersteigen, frachtfrei. Für das Mehrgewicht ist die Taxe für Waren in gewöhnlicher Fracht zu erheben.

Art. 21. Beim Eintritt von Notständen, insbesondere bei ungewöhnlicher Teuerung der Lebens- und Futtermittel, sind für den Transport von Getreide, Mehl, Hülsenfrüchten, Kartoffeln, Futtermitteln u. s. w. zeitweise niedrigere Taxen einzuführen, welche vom Bundesrate nach Anhörung der Bahnverwaltung festgesetzt werden.

Art. 22. Für den Transport lebender Tiere mit Güterzügen können Taxen erhoben werden, welche nach Klassen und Transportmengen (Stückzahl, Wagenladungen) abzustufen sind und den Betrag von 16 Rappen per Stück und Kilometer für die höchste und 3 Rappen für die niedrigste Klasse nicht übersteigen dürfen. Bei Beförderung in Eilfracht kann ein Taxzuschlag bis auf 40 % erhoben werden.

Art. 23. Die Minimaltransporttaxe für Gepäck, für Gütersendungen und für Tiersendungen beträgt höchstens 40 Rappen.

Art. 24. Die vorstehenden Taxbestimmungen beschlagen bloss den Transport von Station zu Station. Die Waren sind von den Aufgebern an die Stationsverladplätze aufzuliefern und vom Adressaten auf der Bestimmungsstation abzuholen.

Das Auf- und Abladen der Waren ist Sache der Gesellschaft, und es darf eine besondere Taxe dafür in der Regel nicht erhoben werden. Ausnahmen hiervon sind nur mit Zustimmung des Bundesrates zulässig für einzelne Klassen von Wagenladungsgütern, für lebende Tiere und andere Gegenstände, deren Verladung mit besondern Schwierigkeiten verbunden ist.

Art. 25. Bei Festsetzung der Taxen werden Bruchteile eines Kilometers für einen ganzen Kilometer gerechnet.

Das Gewicht wird bei Gütersendungen bis auf 20 kg. für volle 20 kg. gerechnet und bei Gepäcksendungen bis auf 10 kg. für volle 10 kg.; das Mehrgewicht wird nach Einheiten von je 10 kg. berechnet, wobei jeder Bruchteil von 10 kg. für eine ganze Einheit gilt.

Bei Geld- und Wertsendungen werden Bruchteile von Fr. 500 als volle Fr. 500 gerechnet.

Wenn die genaue Ziffer der so berechneten Taxe nicht ohne Rest durch 5 teilbar ist, so wird sie auf die nächsthöhere durch 5 teilbare Zahl aufgerundet, sofern der Rest mindestens einen Rappen beträgt.

Art. 26. Für die Einzelheiten des Transportdienstes sind Réglemente und Tarife aufzustellen.

Art. 27. Sämtliche Réglemente und Tarife sind mindestens zwei Monate, ehe die Eisenbahn dem Verkehr übergeben wird, dem Bundesrat zur Genehmigung vorzulegen.

Art. 28. Wenn die Bahnunternehmung drei Jahre nacheinander einen sechs Prozent übersteigenden Reinertrag abwirft, so ist das nach gegenwärtiger Konzession zulässige Maximum der Transporttaxen verhältnismässig herabzusetzen. Kann hierüber eine Verständigung zwischen dem Bundesrat und der Gesellschaft nicht erzielt werden, so entscheidet die Bundesversammlung.

Reicht der Ertrag des Unternehmens nicht hin, die Betriebskosten, einschliesslich die Verzinsung des Obligationenkapitals, zu decken, so kann der Bundesrat eine angemessene Erhöhung obiger Tarifansätze gestatten. Solche Beschlüsse sind jedoch der Bundesversammlung zur Genehmigung vorzulegen.

Art. 29. Die Gesellschaft ist verpflichtet, für Äufnung genügender Erneuerungs- und Reservefonds zu sorgen und für das Personal eine Kranken- und Unterstützungskasse einzurichten oder dasselbe bei einer Anstalt zu versichern. Die hierüber aufzustellenden besondern Vorschriften unterliegen der Genehmigung des Bundesrates.

Ferner sind die Reisenden und das Personal bei einer Anstalt bezüglich derjenigen Verpflichtungen zu versichern, welche aus dem Haftpflichtgesetz vom 28. März 1905 mit bezug auf Unfälle beim Bau, beim Betrieb und bei Hülfsgeschäften sich ergeben.

Art. 30. Für die Ausübung des Rückkaufsrechtes des Bundes oder, wenn er davon keinen Gebrauch machen sollte, der Kantone Graubünden und St. Gallen gelten folgende Bestimmungen:

a. Der Rückkauf kann frühestens 30 Jahre nach Eröffnung des Betriebes und von da an je auf 1. Januar eines Jahres erfolgen. Vom Entschluss des Rückkaufes ist der Gesellschaft drei Jahre vor dem Eintritte desselben Kenntnis zu geben.

b. Durch den Rückkauf wird der Rückkäufer Eigentümer der Bahn mit ihrem Betriebsmaterial und allen übrigen Zugehören. Immerhin bleiben die Drittmannsrechte hinsichtlich des Pensions- und Unterstützungsfonds vorbehalten. Zu welchem Zeitpunkte auch der Rückkauf erfolgen mag, ist die Bahn samt Zugehör in vollkommen befriedigendem Zustande abzutreten. Sollte dieser Verpflichtung kein Genüge getan werden, und sollte auch die Verwendung der Erneuerungs- und Reservefonds dazu nicht ausreichen, so ist ein verhältnismässiger Betrag von der Rückkaufssumme in Abzug zu bringen.

c. Die Entschädigung für den Rückkauf beträgt, sofern letzterer bis 1. Januar 1940 rechtskräftig wird, den 25fachen Wert des durchschnittlichen Reinertrages derjenigen zehn Kalenderjahre, die dem Zeitpunkte, in welchem der Rückkauf der Gesellschaft notifiziert wird, unmittelbar vorangehen; — sofern der Rückkauf zwischen dem 1. Januar 1940 und 1. Januar 1955 erfolgt, den 22 ½ fachen Wert; — wenn der Rückkauf zwischen dem 1. Januar 1955 und dem Ablauf der Konzession sich vollzieht, den 20fachen Wert des oben beschriebenen Reinertrages; — unter Abzug der Erneuerungs- und Reservefonds.

Bei Ermittlung des Reinertrages darf lediglich die durch diesen Akt konzessionierte Eisenbahnunternehmung mit Ausschluss aller anderen etwa damit verbundenen Geschäftszweige in Betracht und Berechnung gezogen werden.

d. Der Reinertrag wird gebildet aus dem gesamten Überschuss der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben, zu welch letztern auch diejenigen Summen zu rechnen sind, welche auf Abschreibungsrechnung getragen oder einem Reservefonds einverleibt wurden.

e. Im Falle des Rückkaufes im Zeitpunkte des Ablaufs der Konzession ist nach der Wahl des Rückkäufers entweder der Betrag der erstmaligen Anlagekosten für den Bau und Betrieb oder eine durch bundesgerichtliche Abschätzung zu bestimmende Summe als Entschädigung zu bezahlen.

f. Streitigkeiten, die über den Rückkauf und damit zusammenhängende Fragen entstehen, unterliegen der Entscheidung des Bundesgerichtes.

Art. 31. Haben die Kantone Graubünden und St. Gallen den Rückkauf der Bahn bewerkstelligt, so ist der Bund nichtsdestoweniger befugt, sein Rückkaufsrecht, wie es im Art. 30 definiert worden, jederzeit auszuüben, und die Kantone haben unter den gleichen Rechten und Pflichten die Bahn dem Bunde abzutreten, wie letzterer dies von der konzessionierten Gesellschaft zu fordern berechtigt gewesen wäre.

Art. 32. Der Bundesrat ist mit dem Vollzuge der Vorschriften dieses Beschlusses, welcher am 1. Juli 1907 in Kraft tritt, beauftragt.

______________

[1]BBl 1907, Bd. 3, S. 107 ff. - Die Botschaft, mit der eine Konzessionserteilung beantragt wurde, wurde von den Räten nicht behandelt und vom Bundesrat durch die Botschaft vom 19.11.1907 ersetzt, mit der Nichteintreten auf das Konzessionsgesuch beantragt wurde.