Ein Vaduzer Bürger spricht sich für die Einbürgerung sämtlicher Mitglieder des Fürstenhauses aus, gleichzeitig möchte er das Gemeindegesetz so abändern, dass nur noch Gemeindebürger über die Einbürgerung von Ausländern abstimmen können


Zeitungsbericht, nicht gez. [1]

14.5.1919

Vaduz. (Einges.) Am 4. d. M. hat die Gemeindeversammlung in Vaduz beinahe einstimmig beschlossen, Seiner Durchlaucht den Prinzen Eduard v. u. z. Liechtenstein und dessen Familie das Bürgerrecht der Gemeinde Vaduz zuzusichern. Dieser Beschluss ist sehr zu begrüssen und die Gemeinde ist zu ihrem neuen hohen Mitbürger zu beglückwünschen. Die Tatsache, dass mehrere Mitglieder unseres Fürstenhauses Bürger der Gemeinde Vaduz und des Fürstentums sind, darf hoch gewertet werden und es darf wohl die Frage ausgesprochen werden, ob es nicht für das Fürstenhaus und das Land gut wäre, wenn sämtliche Mitglieder des ersteren ausdrücklich das liechtensteinische Staatsbürgerrecht erlangen würden. Ob nicht gelegentlich der Verfassungsänderung diese Frage geregelt werden sollte und könnte? — Gelegentlich der Abstimmung in Vaduz am 4. ds. Mts. ist die Frage aufgeworfen worden, ob bei der Aufnahme neuer Bürger die niedergelassenen Staatsbürger tatsächlich das Stimmrecht haben. Nach §§ 40 [2] und 41 [3] des Gemeindegesetzes ist hierüber kein Zweifel. Etwas anderes ist es aber, ob diese Bestimmung sachlich begründet ist, und hierauf kann man ruhig mit nein antworten; denn im ganzen Rechtsleben gilt wohl der Grundsatz, dass man nur über etwas verfügen kann, das man selbst besitzt. In Vaduz z. B. könnte es sich ereignen, dass die niedergelassenen Staatsbürger durch geschickte Werbearbeit der Mehrheit der Gemeindebürger gegen deren Willen neue Bürger geben könnten. Für die anderen Gemeinden hat diese Frage zwar wenig Belang, für die meisten überhaupt keinen. Es wäre daher Sache der Gemeinde Vaduz, bei Regierung und Landtag das Ersuchen zu stellen, dass Punkt 6 des § 41 des Gemeindegesetzes aufgehoben und § 23, Punkt 4, [4] etwa die Fassung erhielte, „durch Aufnahme mit oder ohne Entgelt auf Grund eines Beschlusses der Gemeindebürger.” —

Da für die Zukunft Gesuche um Aufnahme in liechtensteinische Gemeinden voraussichtlich sich mehren werden, wäre es zweckmässig, wenn man sich über die Grundsätze für Annahme oder Ablehnung solcher etwas mehr Klarheit als bisher schaffen würde und es sollte meines Erachtens in den Gemeinden mehr darauf gesehen werden, ob die Bewerber zum Lande in besonderen Beziehungen stehen oder ob sie hier wohnen oder hier wohnen werden, als, wie es scheinbar mitunter der Fall ist, nur auf das was an Geld geboten wird. Die höheren Gesichtspunkte sollten die ausschlaggebenden sein. Wir haben manche seit Jahrzehnten im Lande niedergelassene Ausländer, bezüglich derer es nur zu begrüssen wäre, wenn sie durch die Einbürgerung noch enger mit uns verbunden würden. Eine Aussprache hierüber dürfte wichtiger als manches andere sein.

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[1] L.Vo. 14.5.1919, S. 2.
[2] § 40, Abs. 1 und 2 des Gemeindegesetzes vom 24.5.1864 lauten: „1) Die Gemeindeversammlung wird von den stimmberechtigten Bürgern und niedergelassenen Staatsbürgern einer Gemeinde gebildet.
2) Stimmberechtigt ist jeder Gemeindebürger und niedergelassene Staatsbürger männlichen Geschlechtes, welcher grossjährig ist und sich im Vollgenusse der bürgerlichen Rechte befindet. …"
[3] § 41, Abs. 6 des Gemeindegesetzes vom 24.5.1864 lautet: „Gemeindeversammlungen werden berufen, wenn es sich handelt: … 6. um die Aufnahme eines Gemeindebürgers oder um Verleihung des Ehrenbürgerrechts; …“
[4] § 23, Abs. 4 des Gemeindegesetzes vom 24.5.1864 lautet: „Das Bürgerrecht wird erworben: … 4. durch Aufnahme mit oder ohne Entgelt aufgrund eines Gemeindebeschlusses.“