Konrad Schädler wird wegen seiner Kontakte zu italienischen Agenten vernommen


Maschinenschriftliches Protokoll der Beschuldigteneinvernahme von Konrad Schädler vor Landrichter Julius Thurnher und Amtsschreiber Alois Ospelt, gez. Konrad Schädler, Julius Thurnher und Alois Ospelt [1]

19.6.1918

Über Vorladung erscheint Konrad Schädler, am 5. September 1887 in Triesenberg geboren und dort zuständig, kath., vereh., Sticker in Triesen, des Ferdinand und der Aloisia geb. Frommelt, vorbestraft wegen Körperverletzung [2] und Waldfrevel, vermögenslos und gibt als Beschuldigter vernommen an. [4]

Ich bin an der ganzen Sache unschuldig. Ende August 1916 machte mich Rudolf Negele in Sevelen mit einem mir unbekannten jungen Italiener (Anselm [Anselmo] Paris) bekannt, der suchte mich zu bewegen, ich solle in Österreich zu Gunsten Italiens Spionage treiben. Ich sollte zunächst nach Innsbruck fahren, er gab mir am Tage, da ich nach Innsbruck fahren sollte, 40 Franken. Ich fuhr dann nicht nach Innsbruck. Später, nachdem Rudolf Negele mir gesagt hatte, Paris habe sich über mich beschwert, ich solle den Mann belügen, irgend einen Bericht erschwindeln und mich wieder angeeifert mitzumachen, traf ich mit Paris neuerlich in Sevelen zusammen, log ihn dann an, ich hätte nicht nach Innsbruck fahren können, doch hätte ich die Sache einem Johann Müller aus dem Unterland übertragen, der bringe mir die Berichte aus Österreich und ich würde sie ihm in die Schweiz bringen. Es wurde dann ausgemacht, ich sollte wöchentlich die Mitteilungen ihm bringen, ich bekomme jedesmal 25 Franken. Ich trieb nun die Sache durch mehrere Monate folgendermassen. Ich las Zeitungen, kaufte mir Karten und stellte die Berichte selbst zusammen, bald berichtete ich, es seien von Innsbruck nach Trient so und so viel Mann gefahren, bald teilte ich mit, so und so viel Kanonen seien ins Pustertal, ein Regiment Deutscher Soldaten sei von Lindau nach Innsbruck. Dies ging so bis in den Jänner hinein. Nun hiess es, ich müsste den Müller einmal bringen. Nun traf ich an jenem Abend, da mir dies gesagt wurde, zufällig den Johann Kindle. Ich erzählte ihm die ganze Geschichte und fragte ihn, ob er nicht den Müller spielen wollte, er war damit einverstanden. Ich nahm ihn einmal mit nach Arbon und stellte ihn dem Paris als den Müller vor, der mir immer die Berichte bringe. Müller musste gleich reklamieren, um das Geld könne er die Sache nicht mehr machen, er müsse jedesmal mindestens 100 Franken bekommen. Wir bekamen damals 50 Franken, später einmal zusammen 100 Franken. Nun trieben wir die gleiche Sache zusammen, bald traf ich den einen der ital. Agenten und brachte den Bericht, die andere Woche tat dies wieder Kindle. Das Geld teilten wir dann zusammen. Einmal sagte mir dann Kindle, nun sei die Sache aus, er habe kein Geld mehr bekommen. Ich erfuhr dann von Tonelli, dem zweiten Agenten, dass dies nicht richtig sei, dass Kindle vielmehr 100 Franken erhalten habe. Auf dashin deckte ich dem Tonelli den Schwindel auf, sagte ich ihm, wie wir die Berichte gemacht haben, sagte, dass der Müller in Wirklichkeit Johann Kindle heisse und aus Balzers sei.

Damit brach ich jeden Verkehr ab.

Kindle halt also keinerlei Anlass mich zu klagen, denn er hat die gleiche Sache gemacht, wie ich selbst.

Hingegen ist es vollständig unrichtig, dass [Alfons] Hasler jemals mit mir zu den Agenten in die Schweiz gegangen wäre, auch ist es nicht richtig, dass ich einen Mann dem Tonelli als Alfons Hasler vorgestellt hätte und einen Pass des Alfons Hasler dem Tonelli vorgezeigt hätte.

Wenn Tonelli derartige Sache vor Gericht angab, so hat er gelogen.

Über eindringlichen Vorhalt.

Es ist richtig, dass ich dem Hasler einmal den Antrag gestellt hatte, er solle mit mir zu den Agenten gehen, es lasse sich leicht Geld verdienen. Richtig ist auch, dass ich für ihn Schmuggelware einkaufte und für ihn schmuggelte.

Unwahr hingegen, dass ich wie er vermutet und Tonelli scheints angab, in die Sache verwickelt und seinen Namen den Agenten gegenüber als den jenes Mannes genannt hätte, der mir die Nachrichten aus Innsbruck mitbringe. Ich bin dieser Tage aus der Strafhaft aus der Schweiz nach Hause gekommen und wurde ich wegen dieser Spionageangelegenheit zu 4 Monat Gefängnis verurteilt, Tonelli zu drei Monaten, Kindle zu 4 Monaten. [5] Im ganzen Prozess ging nie die Rede von einem Alfons Hasler.

Ich kann mir die Sache nur so erklären, dass Tonelli noch mit anderen Liechtensteinern in Verbindung stand und dass einer dieser Leute den Alfons Hasler als den Nachrichtenüberbringer nannte.

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[1] LI LA J 007/S 045/052. Auf der Rückseite des Bogens handschriftliche Vermerke von Julius Thurnher und Alois Ospelt betreffend die Vorladung von Rudolf Negele.
[2] LI LA J 007/S 032/069; LI LA J 010/AG 1911/19.
[3] LI LA J 007/S 039/009.
[4] Gegen Schädler war von Alfons Hasler und Johann Kindle Strafanzeige erhoben worden (LI LA J 007/S 045/052, Strafanzeige von Rechtsagent David Bühler namens Alfons Hasler und Johann Kindle gegen Konrad Schädler, 13.3.1918). Hasler und Kindle warfen ihm vor, für ihre mehrmonatige Inhaftierung in Österreich wegen Spionageverdacht verantwortlich zu sein.
[5] Vgl. LI LA RE 1920/1789.