Rheinberger tauscht sich mit Bertha Hecker über deren Tochter Henriette aus.


München, den 11. 3. 01

Sehr verehrte gnädige Frau!

Herzlichen Dank für Ihre gefälligen Mittheilungen, die mich, wie Alles, was Fräulein Henriette betrifft, sehr interessieren. Wie sehr begreife ich Ihre bange mütterliche Sorge um die Zukunft Ihres "Kleinod's", wie Sie mit vollem Recht meine verehrte junge Freundin bezeichneten! War mir das Ereigniss auch nicht überraschend, so berührte es mich doch tief, und ich hatte es nicht so bald erwartet. Und so hat denn auch unser mir so lieb gewordener Briefwechsel, der mir seit einem halben Jahre so manche Stunde in meiner Vereinsamung beglückte, sein Ende erreicht! Sollte aber Frl. H. ein oder das andere mal sich gedrungen fühlen, mir in alter Weise Mittheilungen zu machen, so wird sie bei mir immer offenes Herz und Ohr finden, da ich keinem Gesinnungs-, Ring- und Namenswechsel unterworfen bin und für sie der alte Freund bleiben werde, wenn sie unter so geänderten Verhältnissen noch etwas Werth darauf legt. Bitte, nebst meinem herzlichsten Grusse ihr das gefälligst mitzutheilen. Möge sie das ersehnte und geträumte Glück in vollem Masse finden - was wir ja Alle von Gott erhoffen!

An Ihren hochverehrten Gemahl alles Schöne. Sie, verehrteste gnädige Frau! bitte ich, mir Ihre freundschaftliche Sympathie auch ferner bewahren zu wollen;

in Ergebenheit küsse ich Ihre Hand und verbleibe mit

hochachtungsvollem Grusse Ihr und Fräulein Henriettes

herzlich ergebendster

Jos. Rheinberger

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