Prinz Alois beschwert sich, dass die Filme "Panzerkreuzer Potemkin" und "Sacco und Vanzetti" in Liechtenstein gezeigt werden sollen


Handschriftliches Schreiben von Prinz Alois an Regierungschef Gustav Schädler [1]

7.4.1928, o.O., verm. Gross Ullersdorf (Velké Losiny, Tschechien)

Geehrter Herr Regierungschef!

Als gewissenhafter Mensch fühle ich mich gezwungen, darauf aufmerksam zu machen, dass die Filme "Potemkin" [2] u. "Sacco-Vanizetti" [3] von Sowjetseite lanciert wurden. Potemkin wurde in Preussen in umgeänderter Form gegeben – stark zensuriert –, in Baiern verboten. Von Frankreich, England u. Italien versteht es sich von selbst, dass beide Filme, die nicht den leisesten Bildungswert haben, wohl aber bolschewistische Tendenzen, verboten wurden. Hier in der Tschecho-Slowakei ist "Potemkin" auch verboten u. wundert man sich, dass er in Liechtenstein aufgeführt werden soll?? [4]

Habe mich sehr gefreut in Feldsberg Doctor Emil B. [Beck] gesprochen zu haben, der immer in internat. Rechtsfragen sehr gut orientiert ist.

Mit besten Empfehlungen

______________

[1] LI LA RE 1928/2320 (a).
[2] "Panzerkreuzer Potemkin", Stummfilm Sowjetunion 1925, Regie Sergej Eisenstein.
[3] "Sacco und Vanzetti" oder "Im Schatten des elektrischen Stuhls", Stummfilm Österreich 1927, Regie Alfréd Deésy. Der Film handelt von zwei Anarchisten, die 1927 in den USA in einem umstrittenen Prozess zum Tode verurteilt wurden.
[4] Schädler beantwortete das Schreiben am 18.4.1928 und versprach Prinz Alois, die Kinozensur neu zu regeln (LI LA RE 1928/2320 (b)).