Schreiben von Regierungschef Gustav Schädler an Prinz Alois in Gross Ullersdorf [1]
18.4.1928
Euer Durchlaucht!
Danke verbindlichst für die Mitteilung vom 7. April 1928, womit sie mich auf die Film-Vorführungen Potemkin und Sacco-Vanzetti aufmerksam machten. [2] Ich bin zwar bereits früher auf die Angelegenheit aufmerksam geworden und habe mir durch die Kanzlei sämtliche Akten über die Konzessionierung des Schaaner Kinos ausheben lassen. Die Akten reichen in die Aera [Leopold von] Imhof und [Josef] Peer zurück. Bei der Konzessionierung ist szt. eine Zensurvorschrift erlassen worden, die später gemildert und noch vor 1922 ausser Gebrauch gekommen ist. [3] Seit dem Jahre 1922, meinem Amtsantritte, bestand dann keinerlei Veranlassung, auf die Wiedereinführung der Zensur zurückzukommen und seit dem 25. September war bis vor einigen Wochen der Kinobetrieb eingestellt. Infolge der vielen Arbeiten der Regierung konnte dann den Filmaufführungen nicht die nötige Aufmerksamkeit gewidmet werden. Ich werde Veranlassung nehmen, die Angelegenheit schon in den nächsten Tagen einer gründlichen Neuregelung zu unterziehen. [4]
Empfangen Euer Durchlaucht die Versicherung meiner besonderer Wertschätzung
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[1] LI LA RE 1928/2320 (b).
[2] LI LA RE 1928/2320 (a).
[3] Zur ersten, 1918 erteilten Konzession vgl. LI LA RE 1918/589.
[4] Die Regierung teilte Judith Kaufmann, der Betreiberin des Schaaner Kinos, mit, dass "verschiedene in der letzten Zeit vorgekommene Reklamationen" die "Wiedereinführung der Zensur bei Ihrem Kinobetriebe" nötig machten (LI LA RE 1928/2320, Regierung an Judith Kaufmann, 27.4.1928).