Die Gemeinde Triesen und das Mutterhaus der Barmherzigen Schwestern in Zams regeln mit Vertrag die Anstellung von Schwestern für das Armenhaus in Triesen und den Schulunterricht


Handschriftlicher Vertrag, gez. Sr. Maxentia Rheinberger, Generaloberin und Vorsteher Luzius Gassner, Kassier Wendelin Kindle, Gemeinderäte Andreas Banzer, Fidel Tschol, Oswald Walser, Johann Lampert, Alois Negele und Jakob Eberle [1]

28.7.1910, Zams und Triesen

Vertrag

Auf Verlangen der Geehrten Gemeindevorstehung in Triesen laut Zuschrift vom 28. Juli 1910 Zl. 228 wird hiemit zwischen dem Mutterhause der Barmherzigen Schwestern in Zams und der Gemeindevorstehung in Triesen für die dortselbst bestehende Schwesternfiliale in Rücksicht auf die geänderten Zeitverhältnisse ein Vertrag nach folgenden Punkten vereinbart:

1. Das Mutterhaus überlässt der Gemeinde acht Schwestern, von denen vier ihre Tätigkeit voll und ganz in den Dienst der Armen- und Krankenpflege in der Armenanstalt Triesen stellen. Eine gesetzlich qualifizierte Kindergärtnerin besorgt die Leitung des dortselbst eingeführten Kindergartens, drei Lehrschwestern unterstehen unmittelbar der fürstl. Liechtenstein’schen Landesschulbehörde, welche ihnen die auf das Schulwesen Bezug habenden Weisungen zu genauer Darnachachtung erteilt.

2. Den Hausschwestern obliegt die Besorgung sämtlicher häuslichen Geschäfte, die Pflege und Erziehung der dem Armenhause überwiesenen Kinder, sowie die Aufsicht über die Einhaltung der behördlich genehmigten Hausordnung. Sie haben sich in allen Hausangelegenheiten, welche finanzielle Fragen betreffen, an den bestellten Armenpfleger bzw. Ortsvorstand zu wenden und in zweifelhaften oder strittigen Fällen die Entscheidung der fürstlichen Regierung einzuholen.

3. Eine Verwendung der Lehrschwestern in Angelegenheiten der Armenanstalt ist nur insofern zulässig, als dadurch der Schulunterricht in keiner Weise leidet.

4. Die jeweilige Lokaloberin  besorgt auch die für das Armenhaus nötigen Einkäufe und führt über Einnahmen und Ausgaben genaue Rechnung.

5. Sollte sich die Zahl der dem Armenhause zugeteilten Individuen so steigern, dass zu deren Pflege vier Schwestern nicht mehr hinreichen, so verpflichtet sich die Gemeinde unter allen Bestimmungen dieses Vertrages einen neuen Zuwachs an Arbeitskräften aus demselben Mutterhause zu entnehmen.

6. Die Gemeinde stellt den Schwestern eine den klösterlichen und sanitären Anforderungen entsprechende, abgeschlossene und möblierte Wohnung, welche gleich den übrigen Räumlichkeiten des Armenhauses in ordentlichem Stand zu erhalten ist, und gewährt den Schwestern die gemeinschaftliche Benützung der Küche, Waschküche, der Vorratskammer, der Kellerräume und des Estrichs. Desgleichen besorgt die Gemeinde die unentgeltliche Beschaffung des erforderlichen Brennholzes für die Wohnung der Schwestern.

7. Als Jahresremuneration erlegt die Gemeinde für jede in der Armenanstalt betätigte Schwester den Betrag von 500 K mit Ausschluss von Naturalleistungen seitens der Gemeinde, so dass diese Bezüge zu den ortsüblichen oder Marktpreisen jeweilig berechnet werden; jedoch macht sich die Gemeinde nicht verbindlich, falls nicht Vorrat vorhanden, solche abzugeben.

Die Kindergärtnerin erhält ihre Entschädigung von 500 K teils von der Gemeinde, teils von der fürstlichen Landeskasse.

Die Besoldung der Lehrschwestern geschieht gleichfalls durch die fürstliche Landeskasse nach [der] für Tirol und Vorarlberg bestehenden Neuregelung der Remuneration für Lehrerinnen geistl. Standes.

8. Sämtliche Bezüge werden der Lokaloberin in monatlichen Raten ausbezahlt.

Vorstehender Vertrag bleibt in Kraft, bis von Seite des einen oder andern Kontrahenten eine wesentliche Änderung beantragt wird oder eine Kündigung erfolgt, wozu sich gegenseitig eine vierteljährige Frist vorbehalten wird.

Zur Bestätigung dieses Vertrages folgen Siegel und eigenhändige Unterschriften der Beteiligten.

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[1] LI GAT 20, Vertrag vom 28.7.1910. Handschriftliche Bemerkungen „Armenhaus“, „sistiert“, „betreff dem die Schulschwestern miteinbezogen, bei der fürstl. Reg. anhänglich gemacht und dort sistiert“. Diese handschriftlichen Bemerkungen sind verwirrend und vermutlich später beigefügt. Tatsächlich nahm die Regierung den Vertrag am 10.10.1910 zur Kenntnis und liess auf beiden Originalen einen Genehmigungsvermerk anbringen. Sie wies die Landeskasse an, die vereinbarten Auszahlungen zu machen (LI LA RE 1910/1684). Ausserdem wurde eine Abschrift des Vertrags 1924 der Regierung vorgelegt, als diese 1924 die Verträge mit dem Mutterhaus der Barmherzigen Schwestern in Zams. Zur Sache vgl. auch den Vertrag zwischen der Gemeinde Eschen und dem Mutterhaus in Zams vom 19.5.1904 (LI LA RE 1924/5451).