In einem Leserbrief aus Werdenberg beschweren sich Leute, dass Liechtenstein von der Schweiz Obst, Kartoffeln und Vieh bekommen habe, diese Produkte seien jedoch nicht für den Eigenverbrauch verwendet worden, vielmehr habe man sie mit Gewinn an Österreich weitergegeben


Leserbrief aus Werdenberg[1]

1916

Teuerung im Fürstentum Liechtenstein

Zu unserer Mitteilung in Nr. 503 des „Bund“ schreibt man uns von der liechtensteinischen Grenze:

Es ist kein Zweifel, dass auch Liechtenstein dies Jahr für den eigenen Gebrauch zu wenig Obst und Kartoffeln geerntet hat, ganz wie im angrenzenden Kanton St. Gallen. Anfänglich wurde aus dem Rheintal dennoch Obst nach Liechtenstein ausgeführt, das aber, wie man nachher erfuhr, nicht daselbst zur Verwendung gelangte, sondern, wenigstens zum Teil, mit grossem Gewinn nach Österreich abgegeben wurde. Was die Kartoffeln anbelangt, so hat Liechtenstein noch grosse Flächen sehr guten, aber unbepflanzten Bodens. Hier hat es nur an der nötigen Organisation gefehlt, um Liechtenstein zu einem Exportland zu machen. Die Schweiz hat ja an seine Nachbarn bisher Lebensmittel abgegeben, ohne sichtliches Entgegenkommen zu ernten oder Dank zu erwarten. Das kleine Liechtenstein führte im vergangenen Jahre etwa 1200 Stück Zucht- und Schlachtvieh nach Österreich aus und zwar zu ganz enormen Preisen, so dass sich die Bauersame tüchtig erholen konnte. Die Schweiz war dann so freigebig, von ihrem Bestande den liechtensteinischen Viehstand wiederholt zu ergänzen. An der Ostgrenze findet man allgemein, dass die Schweiz nicht für den liechtensteinischen Handel da sei. Ein grösserer Notstand als wir ihn in der Schweiz haben, ist in Liechtenstein schliesslich auch nicht vorhanden.

 

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[1]Bund, Bern 1916 Nr. 509. LI LA SgZs 1916.