Handschriftliches Schreiben des Liechtensteinischen Arbeiterverbandes bzw. der Liechtensteinischen Arbeitsnachweisstelle, gez. Oswald Kindle, an die Regierung [1]
12.4.1921, Triesen
Hohe fürstliche Regierung in Vaduz
Auf Euere werte Anfrage vom 11. d. M. [2] möchte ich folgendes erwähnen.
Eine genaue Angabe über die Zahl der Arbeiter, welche für die Einreise in die Schweiz in Frage kämmen, kan ich heute nicht ganz genau feststellen, um eine diesbezüglich genaue Feststellung abgeben zu können, müsste ich vorerst die diesbgl. Interessenten durch Inserat einladen, sich bis zu einem bestimmten Termine diesbezgl. an zu melden.
Nach meiner Schätzung kämmen etwa circa 250 Bauarbeiter in Frage, welche sich ungefähr in bezeichnete Gewerbsarten verteilen würden: Ca. 90 Maurer, circa 20 Gipser, etwa 5 Zimmerleute, dann etwa 10 Maurerlehrlinge, 10 Schreiner, 20 Steinbrecher, etwa 20 Erdarbeiter und etwa 75 Bauhandlanger.
Sollte Ihnen eine ganz genaue diesbgl. Aufklärung erwünscht sein, so bitte ich Sie, mich umgehend davon in Kenntnis zu setzen, damit ich sofort die dazu nötigen Veranlassung treffen kan. [3]
Mit vorzüglicher Hochachtung
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[1] LI LA RE 1921/1556 ad 1379. Briefkopf des „Liechtensteinischen Arbeiterverbandes Triesen“. Eingangsstempel der Regierung vom 13.4.1921. Stenographische Bemerkung.
[2] Die am 4.4.1921 gegründete Arbeitsnachweisstelle in Triesen ersuchte die Regierung am 7.4.1921 um Unterstützung beim Schweizerischen Baumeisterverband in Zürich, welcher „den grössten Einfluss in Sachen Grenzübertritt bei den Schweizer. Behörden auszuüben im Stande“ sei (LI LA RE 1921/1469 ad 1379). Daraufhin fragte die Regierung am 11.4.1921 bei der Arbeitsnachweisstelle nach der Anzahl der für die Einreise in die Schweiz in Frage kommenden Arbeiter und deren Verteilung auf die einzelnen Gewerbsarten (ebd.).
[3] Vgl. in weiterer Folge das Schreiben von Regierungschef Josef Ospelt an den Geschäftsträger der liechtensteinischen Gesandtschaft in Bern, Emil Beck, vom 15.4.1921 (LI LA RE 1921/1556 ad 1379).