Statuten des Liechtensteinischen katholischen Arbeiterinnenvereins


Handschriftliche Statuten, entworfen von Kaplan Alfons Feger, nicht gez.[1]

28.4.1920 [2]

Liechtensteinischer kath.[3]Arbeiterinnenverein

Statuten

I.

Der liechtensteinische kath. Arbeiterinnenverein bezweckt die Wahrung und Förderung der geistigen und materiellen Wohlfahrt seiner Mitglieder. Er hat seinen Sitz am Wohnorte des Präses.

II.

Das geistige Wohl der Arbeiterinnen wird erstrebt

1) durch Anhaltung der Arbeiterinnen zur gewissenhaften Erfüllung der religiösen und beruflichen Pflichten, durch Schutz für Glaube und Sitte, durch Teilnahme an Exercitien und gemeinsamen Empfang der hl. Sakramente;

2) durch passende Vorträge, Errichtung einer Vereinsbibliothek, gesellige Unterhaltungen und Pflege der Freundschaft unter den Mitgliedern.

Das materielle Wohl der Arbeiterinnen wird gefördert:

1) durch Schutz und Förderung in der Berufstätigkeit, insbesondere durch Sorge für einen gerechten Lohn und gute Behandlung, durch Errichtung einer Spar- und Krankenkassa, durch Unterstützung von Wöchnerinnen, Arbeitsnachweis und Rechtsschutz;

2) durch möglichst allseitige Ausbildung in den weiblichen Haushaltungsarbeiten durch Veranstaltung verschiedener Kurse.

III.

Der Verein besteht aus aktiven und unterstützenden Mitgliedern.

IV.

Aktives Mitglied kann jede unbescholtene kath. Arbeiterin nach zurückgelegtem 14. Lebensjahr werden. Aktive Mitglieder zahlen einen Monatsbeitrag von 30 Cts. und erhalten das Vereinsorgan „Die Arbeiterin“ [4] umsonst. Sie geniessen die Vergünstigungen des Vereins. Über ihre Aufnahme entscheidet der Vorstand. Sie verpflichten sich, den Statuten gewissenhaft nachzuleben und das Wohl des Vereins nach besten Kräften zu fördern. Mitglieder, welche den Verpflichtungen der Statuten nicht nachkommen, können vom Vorstande ausgeschlossen werden.

V.

Unterstützende Mitglieder zahlen einen Jahresbeitrag von mindestens drei Franken.

VI.

Die Geschäfte des Vereines werden von einem Vorstande besorgt, welcher von der Hauptversammlung auf ein Jahr gewählt wird. [5] Der Vorstand besteht:

1) aus dem Präses, welcher ein Geistlicher sein muss und der Bestätigung des bischöflichen Ordinariates bedarf. Der Präses beruft nach Bedarf die Vorstandssitzungen, er leitet überhaupt den Verein nach innen und vertritt ihn nach aussen;

2) aus der Schriftführerin, Kassierin und den Leiterinnen der einzelnen Ortsgruppen.

Der Vorstand einer jeden Ortsgruppe besteht aus einer Leiterin und zwei Beisitzerinnen, [6] welche die Geschäfte in den einzelnen Ortsgruppen besorgen.

VII.

In der Regel hat jede Ortsgruppe alle drei Monate eine Versammlung abzuhalten. Die Hauptversammlung des Verbandes [7]mit Abstattung des Tätigkeitsberichtes, der Rechnungsablage usw. ist alljährlich im Frühling. Alle Abstimmungen erfolgen mit Stimmenmehrheit. Unentschuldigtes Ausbleiben von der Hauptversammlung wird mit 30 Cts. gebüsst. Die Versammlungen sollen nicht in einem Gasthaus abgehalten werden.

VIII.

Die Tätigkeit der Ortsgruppen umfasst die in Punkt II niedergelegten Ziele des Verbandes innerhalb ihres Wirkungsgebietes. [8]

IX.

Eine Auflösung des Vereines findet nur mit Beschluss von drei Viertel Mehrheit der Hauptversammlung statt. Im Falle der Auflösung entscheidet der Präses im Einvernehmen mit dem bischöflichen Ordinariate über die Verwendung des Vereinsvermögens. [9]

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1] LI LA RE 19920/1458. Die Statuten sind in der Handschrift von Kaplan Alfons Feger abgefasst, der sie zunächst an das bischöfliche Ordinariate und dann an die Regierung zur Genehmigung schickte. Dem stark konfessionell geprägten Arbeiterinnenverein traten etwa 50 Frauen bei, doch erlangte er keine Bedeutung. Die Statutetn wurden in den meisten Teilen beim "Schweizerischen Arbeiterinnenverein" abgeschrieben.
[2] Die Statuten sind weder unterschrieben noch datiert. Es wurde hier das Datum der Genehmigung durch die Regierung eingesetzt.
[3] Das  Wort „kathol.“ ist durchgehend nachträglich von anderer Hand eingesetzt.
[4] Es ist keine Nummer des erwähnten Vereinsorgans erhalten, vermutlich ist es nie erschienen.
[5] Randvermerk mit Bleistift: „Wie?“
[6] Randvermerk mit Bleistift: „Wie gewählt?“
[7] Randvermerk mit Bleistift: „der Ortsgruppe oder des Verbandes?“. Dieser Randvermerk war Anlass für die Präzisierung „des Verbandes“, die in anderer Handschrift nachträglich eingefügt wurde. Die Begriffe "Verein" und "Verband" wurden nicht unterschieden.
[8] Ursprünglich hatte der Artikel folgenden Wortlaut: „Der Verein schliesst sich dem Zentralverband der christlich–sozialen Arbeiterorganisationen der Schweiz an.“ Dieser Passus ist sowohl mit Bleistift als auch mit Tinte gestrichen.
[9] Es folgen die Genehmigungsvermerke des bischöflichen Ordinariats vom 17.4.1920 (gez. Generalvikar Laurenz Vincenz) und der Regierung vom 28.4.1920 (Stempel gez. Landesverweser Josef Ospelt).