Das Liechtensteiner Volksblatt stellt fest, dass der Übergang zur Frankenwährung de facto bereits vollzogen ist und fordert nun die gesetzliche Einführung der Frankenwährung


Artikel im Liechtensteiner Volksblatt[1]

Vom Geldwesen.

Rascher, als wir es vor einem Jahre noch glaubten, ist bei uns der Schweizerfranken sozusagen zum ausschliesslichen Bargeldverkehrsmittel geworden. Österreichische Kronennoten sind seit Monaten im täglichen geschäftlichen Leben fast nicht mehr zu sehen; unsere liechtensteinischen Notgeldscheine dienen noch etwa zur Bezahlung von Postgebühren, zur Befriedigung von Sammlern und bei einigen Wenigen etwa noch als Spieleinsatz beim Jass, obwohl, wie man hören und lesen kann, z. B. in Wien 15 und mehr Kronen für den Satz, der einen Nennwert von 80 Hellern hat, bezahlt wird. Unter dem umlaufenden Silbergeld in Frankenwährung befinden sich aber manche Stücke, die wir nur schwer oder überhaupt nicht mehr los werden dürften, was heute beim empfindlichen Mangel an kleineren Geldsorten noch nicht sich so nachteilig fühlbar macht, als dies dann der Fall sein wird, wenn unser Verkehr mit solchen kleineren Geldsorten (Stücken unter 20 Fr.) gesättigt sein wird. Besonders unter den Fünffrankenstücken in Silber befinden sich solche, die durch längere Zeit nicht im Verkehre in der Schweiz zugelassen waren und es wäre sehr zu wünschen, wenn von amtlicher Stelle aus darüber Aufklärung gegeben würde, welche Geldsorten in der Schweiz vollen Kurs haben. Sonst könnte eines Tages mancher kleine Mann in die Lage versetzt sein, ganz wider seinen Willen eine Sammlung französischer und anderer Fünffrankenstücke sich anlegen zu müssen. Wie wäre es nun, wenn das Fürstentum Liechtenstein Notgeld in Frankenwährung ehestens herausgeben, würde und zwar wenn möglich mindestens bis zu Werten von 1 Franken? Es könnte auf diese Weise nicht nur der Kleingeldmangel gemildert werden, sondern auch das Land noch einen Gewinn machen, da sicher ein beträchtlicher Teil dieser Scheine nicht mehr zur Einlösung vorgewiesen würde.

Oder vielleicht wäre ein anderer Weg noch besser, wenn auch ungleich teurer. Der Silberpreis ist heute wenigstens so weit zurückgegangen, dass der Silberwert eines Frankens nicht mehr höher als etwa 40 Rappen steht, während z. B. noch im Februar 1920 für eine Silberkrone 80 Rappen bezahlt wurden. Das Prägen von Silbermünzen in Franken könnte also dem Lande einen Gewinn bringen, der etwa 100 Prozent betragen würde. Und wir könnten dabei auch unbedenklich höhere Werte schaffen, als bei den Notgeldscheinen, da die Zwei- und Fünffrankenstücke zum notwendigen Bestande einer Silbermünzausgabe gehören. Davor, dass diese liechtensteinischen Münzen wie ihre Vorgänger der Kronenwährung allzu schnell in die Hände der Münzensammler verschwinden würden, schützt uns einstweilen der Stand der Valuta in Österreich und im Deutschen Reiche.

Voraussetzung für die Durchführung dieser Vorschläge wäre aber meines Erachtens die Schaffung des Gesetzes über die Einführung der Frankenwährung, dessen Erscheinen umsomehr an der Zeit wäre, als ja bereits ein Gesetz besteht, wornach Steuern, Stempel und Taxen in Franken zu bemessen sind und der dem Vernehmen nach bereits ausgearbeitete Landesvoranschlag, der unsere staatliche Geldgebahrung wieder auf verfassungsmässige Grundlagen stellen soll, ebenfalls in Frankenwährung rechnet.

Wenn auch für weitere Kreise unseres Volkes die Frankenfrage eine der grössten Sorgen ist, so können wir doch sagen, dass sich unser wirtschaftliches Leben im allgemeinen ziemlich ruhig in die neuen Verhältnisse hinein gefunden hat. Und da möge nun der Staat nicht mehr zu lange mit der förmlichen gesetzlichen Einführung der Frankenwährung zuwarten, oder, wenn gegründete Bedenken vorliegen, uns selbe mitteilen.

Solche wirtschaftliche Massnahmen sind jedenfalls ebenso dringend als die gewiss auch wichtige Verfassungsänderung und berühren das tägliche Leben der Allgemeinheit näher als letztere.

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[1] L.Vo. Nr. 102, 29.12.1920, S. 1