Handschriftliches Schreiben von Emil Beck an die Regierung [1]
19.7.1919, Bern
Betr. Vertretung in Bern
Schreiben vom 1. Juli 1919, Zahl 46 [2]
Zur Beantwortung Ihres geehrten Schreibens vom 1. ds. M., Zahl 46, worin Sie mich beauftragten, beim Schweiz. Politischen Departement mich zu erkundigen, ob die Akkreditierung eines Gesandten oder eines Geschäftsträgers schweizerischerseits genehmer wäre, beehre ich mich Ihnen folgendes mitzuteilen.
Vorerst bitte ich um Entschuldigung, dass die Antwort auf dieses Schreiben erst heute erfolgt. Die Verzögerung ergab sich daraus, dass Herr Bundesrat [Felix] Calonder, dem ich diese Frage am liebsten selbst vorgelegt hätte, infolge seiner Inanspruchnahme durch Völkerbundsfragen usw. nicht zu sprechen war und der zunächst zuständige Abteilungsvorstand, Herr Minister [Charles Louis Etienne] Lardy, in den Ferien weilt. Ich habe mich nun an seinen Stellvertreter, Herrn Legationsrat [Charles] Paravicini, gewandt und in dieser Angelegenheit folgende Auskunft erhalten.
Die schweizerische Regierung freut sich, eine Vertretung des Fürstentums zu erhalten, gleichviel, ob ein Gesandter oder ein Geschäftsträger akkreditiert wird, und sie hat in dieser Richtung keine besonderen Wünsche. Für die Bevorzugung eines Gesandten könnte höchstens der Vergleich mit der Vertretung in Wien in Betracht fallen. Indessen würde die schweizerische Regierung in der Akkreditierung eines blossen Geschäftsträgers doch nicht eine Zurücksetzung gegenüber Wien erblicken, sondern sie würde ein solches Vorgehen mit Rücksicht auf die Verhältnisse sehr wohl begreifen, umso mehr als die Akkreditierung eines Geschäftsträgers häufig nur die Vorstufe bildet für die Bezeichnung eines Gesandten.
Demgemäss erwartet der schweizerische Bundesrat die Mitteilung der Ernennung eines Geschäftsträgers oder eines Gesandten und die Überreichung des Akkreditierungsschreibens. [3] Vorher wären wohl noch eine Reihe von Punkten zu besprechen, deren Erledigung sich vielleicht mit einer Konferenz betr. die Verfassungsrevision verbinden liesse. [4]
Ich bemühe mich schon seit einiger Zeit, passende Lokalitäten zu finden, was gegenwärtig ziemlich schwierig ist. Ich denke, 2-3 Zimmer würden genügen. Ich bin bereits in Unterhandlungen und werde, sobald die nötigen Räume gemietet sind, auch Büromöbel und Materialien anschaffen, unter Belastung Ihres Kontos bei der Kantonalbank in Bern.
Gleichzeitig übermache ich Ihnen einen Kontokorrentauszug der Kantonalbank Bern pro 30. Juni ds. J. mit einem Saldo von Fr. 6'008.50 zugunsten der fürstl. Domänenverwaltung. Falls Sie damit einig gehen, ersuche ich Sie, das beigeschlossene Formular der Kantonalbank unterzeichnet einzusenden.
Indem ich weitere Nachrichten gewärtige, verbleibe ich
in vorzüglichster Hochachtung
Ihr ergebenster
Beilagen erwähnt. [5]
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[1] LI LA SF 01/1919/ad 57. Das Schreiben langte am 29.7.1919 bei der Regierung ein.
[2] LI LA SF 01/1919/046, Landesverweser Prinz Karl an Beck, 1.7.1919.
[3] Für die Akkreditierung von Beck als Geschäftsträger sprachen vor allem finanzielle Überlegungen. Erkundigungen von Prinz Eduard bei Charles-Daniel Bourcart, dem Schweizer Gesandten in Wien, hatten ergeben, dass das ursprünglich vorgesehene Gehalt von 25'000 Kronen für einen Gesandten viel zu tief war. Vgl. LI LA SF 01/1919/046, Prinz Eduard an Prinz Karl, 26.6.1919. Für die Akkreditierung als Gesandter sprach andererseits, dass der Eindruck vermieden werden sollte, der Berner Posten werde als weniger wichtig als derjenige in Wien angesehen (LI LA SF 01/1919/046, Prinz Karl an Beck, 1.7.1919). In der Regierungssitzung vom 24.7.1919, an der auch die stellvertretenden Landräte teilnahmen, sprachen sich alle Regierungsmitglieder ausser Wilhelm Beck dafür aus, in Bern bloss einen Geschäftsträger zu bestellen (LI LA SF 01/1919/057, Prinz Karl an Gesandtschaft Wien, 25.7.1919).
[4] Prinz Karl bestellte Beck auf den 28.7.1919 zu einer Konferenz nach Vaduz (LI LA SF 01/1919/057, Prinz Karl an Gesandtschaft Wien, 25.7.1919).
[5] Fehlt im Akt.