Die kantonale Justiz- und Polizeidirektion Zürich ersucht die liechtensteinische Regierung um die Auslieferung des in der Schweiz hospitalisierten Deutschen Wilhelm Russ


Maschinenschriftliches Schreiben der Justiz- und Polizeidirektion des Kantons Zürich, gez. Oscar Wettstein, an die liechtensteinische Regierung [1]

15.12.1917, Zürich 

Unter Bezugnahme auf Ihr Schreiben Zl. 4705/Reg. vom 1. Dezember 1917 [2] beehren wir uns, Ihnen mitzuteilen, dass Wilhelm Russ, Kaufmannsangesteller, von Breslau, geboren am 27. Juni 1878, von Zürich entwichen ist. Russ war in Frankreich kriegsgefangen und ist dann als Kriegsgefangener in der Schweiz hospitalisiert worden. Nachher konnte er als genesen zur Arbeit abkommandiert werden.

Gemäss den mit den kriegsführenden Staaten abgeschlossenen Vereinbarungen sind in der Schweiz internierte Kriegsgefangene, wenn sie sich über die Grenze geflüchtet haben, wieder in die Schweiz zurückzuverbringen. Wir ersuchen Sie deshalb, den Russ der schweizerischen Grenzpolizeibehörde in Buchs zu Handen unsers Polizeikommando zuführen zu lassen. [3]

Direktion der Polizei:

 

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[1] LI LA RE 1917/4933 ad 4648 (Aktenzeichen F.Nro. 6552). Eingangsstempel der liechtensteinischen Regierung vom 19.12.1917. Handschriftliche Vermerke: "auf Auskunft der N. H. warten"; "Russ kommen lassen"; "Sub Z. 4916 erl.". Am 3.1.1918 von Landesverweser Leopold von Imhof ad acta gelegt.
[2] Mit Schreiben vom 1.12.1917 hatte Landesverweser Imhof der Polizeidirektion Zürich mitgeteilt, dass ein gewisser Wilhelm Russ den Rhein durchschwommen, sich der fürstlichen Regierung gestellt und folgende Personalien angegeben habe: Am 27.6.1878 in Jarotschin geboren, zuständig nach Breslau, zu Kriegsbeginn in Paris als Kaufmannangestellter tätig, anfänglich dort interniert, sodann wegen Krankheit in die Schweiz überstellt und zuletzt in Zürich, Bahnhofstrasse 63 wohnhaft. Landesverweser Imhof ersuchte um Mitteilung der Polizeidirektion Zürich, ob ein Mann dieses Signalements dort abgängig sei, ob gegen denselben ein Strafverfahren anhängig sei und ob der Genannte seitens der schweizerischen Behörden wieder übernommen werde (LI LA RE 1917/4705 ad 4648).
[3] Die liechtensteinische Regierung gab der Polizeidirektion mit Schreiben vom 3.1.1918 bekannt, dass das souveräne Fürstentum nicht zu den kriegführenden Staaten zähle und hinsichtlich der Rückführung aus der Schweiz interniert gewesener Kriegsgefangener keine Vereinbarung abgeschlossen habe. Es wurde daher um Mitteilung ersucht, ob das Ansuchen um Überstellung des Wilhelm Russ unter diesen Umständen aufrechterhalten bzw. ob dieses auf ein etwa anhängiges Strafverfahren gestützt werde (LI LA RE 1917/4961 ad 4648). Am 19.8.1918 fragte Landesverweser Imhof die Polizeidirektion Zürich an, ob eine Überstellung des Russ in die Schweiz noch erwünscht sei, in diesem Fall würde Russ an das Polizeikommando in Buchs überstellt (LI LA RE 1918/3589 ad 0392). Russ verblieb in Liechtenstein.