Die Abgeordneten der Bürgerpartei fordern die Wahl von Ludwig Marxer zum Regierungsrat


Maschinenschriftliches Protokoll der vertraulichen Landtagssitzung, ungez. [1]

1.2.1926

Vorsitz:Joh. Jak. [Johann Jakob] Feger, Triesen [2]

[Emil] Battliner [Batliner]: Wir gehen von unseren Forderungen nicht ab. Wir stimmen für Eure Leute, umgekehrt erwarten wir das gleiche.

[Franz Josef] Marxer: Unsere Vorschläge sind bekannt: Dr. [Ludwig] Marxer Reg. Rat, Jos. [Josef] Öhri Stellvertreter.

[Andreas] Vogt: Ich kann es nicht begreifen, dass sich die Herren auf Namen versteifen. Wir wollen keine Advokatenregierung.

[Josef] Gassner: Die Person von Dr. Marxer kommt nicht in Betracht. Wir wissen beide warum. [3]

Battliner: Wir haben bis heute noch keinen stichhaltigen Grund gehört, warum es Dr. Marxer nicht werden soll.

Gassner: Ihr wisst was vorgegangen ist, und was die Zukunft bringen kann. Eine segensreiche Tätigkeit kann ich mir nicht vorstellen. Ihr müsst mit uns die Verantwortung tragen. Man lässt es, scheint es, auf die Spitze kommen. Das ist viel von der Mehrheit verlangt.

Battliner: Wir wahren unser gutes Recht. Wir machen die Mehrheit für die Folgen verantwortlich.

Dr. [Wilhelm] Beck: Die Minderheit ist verantwortlich /Er verlässt das Zimmer/.

Battliner: Der Antrag zum Frieden geht von uns aus. Wir haben eine Einladung der Mehrheit erwartet. Marxer und ich sind zwecks Veranstaltung einer Besprechung beim Reg.Chef [Gustav Schädler] gewesen.

Peter Büchel: Uns hat niemand veranlasst beim Battliner zusammen zu kommen. Das geht nur von uns aus. Dr. Marxer passt uns. Es ist auch ein Schritt zum Frieden, wenn der Mann dann selbst mitberät und sieht wie es geht. Wir haben das Mindestmass aufgestellt. Reg.Chef und Stellvertreter sind aus der Volkspartei. Dr. Marxer passt uns als Reg.Rat. Da giebt es kein markten. Wir verfechten unser Recht. Die Verantwortlichkeit fällt da ganz auf die Mehrheit.

Dr. Beck: Kommt wieder ins Zimmer.

Battliner: Ihr müsst unseren Kandidaten nicht wählen. Ihr dürft nur keinen Gegenkandidaten aufstellen. Im 3. Wahlgange geht dann unser Kandidat durch.

[Baptist] Quaderer: Das Wohl des Landes wird also von einer Person abhängig gemacht. Die Verantwortung fällt da nur auf die Minderheit.

Peter Büchel: Es gibt einen Weg der Klugheit. Es könnten 4 abtreten und die anderen sich der Stimme enthalten. Wenn der Kandidat dann sich nicht als würdig erweist, werden wir selber als erste dafür sorgen, dass er wieder abtreten muss.

Vogt: Wir können keine Regierung schaffen, die nur eine Zwickmühle sein würde. Das Unterland, aber nicht die Partei hat lt. Verfassung das Recht, den Kandidaten zu senden. Ihr werdet nicht informiert sein, wenn Ihr einen vom Oberland nehmt.

Peter Büchel: Wir sind durch 4 Jahre hindurch nicht informiert gewesen, nicht einmal die Abgeordneten.

Quaderer: Meine Meinung ist, dass da ein Zankapfel in die Regierung hinein kommen soll.

Vogt: Vorne hat man ihn hinausgeworfen und bei der anderen Tür soll er wieder herein; [Felix] Gubelmann habt Ihr s.zt. das Vertrauen geschenkt. Wer weiss, ob Ihr alle die 4 Jahre hindurch standhaft bleibt.

Gassner: macht auf die Gefahren eines Proporzes aufmerksam.

Battliner: spricht für den Proporz, nachdem die Parteien gepflanzt worden sind.

Dr. Beck: Parteien sind immer gewesen. Ich erinnere Battliner an frühere Zeiten.

Vogt: Ich möchte jene Regierung kennen, die bei Einführung von Proporz noch arbeiten kann.

Marxer: Es giebt eher Frieden, wenn Dr. Marxer hineinkommt: Man sagt, wenn einer den Schnabel zu weit offen hat, dann muss man ihn in Kommissionen wählen. Früher hat man auch Minderheiten berücksichtigt.

[Anton] Walser: Das ist nicht richtig.

Dr. Beck: Wir sind früher traurig behandelt worden. Aber ich habe den Grundsatz, dass man alle Bevölkerungsteile berücksichtigen soll.

Peter Büchel: Wir haben Minimal-Wünsche aufgestellt.

Quaderer: Was wäre das Maximum?

Peter Büchel: Ich habe von der Bestellung des Reg.Chef und Stellvertreters bereits gesprochen.

Quaderer: Warum nicht Abg. Marxer, der doch Erfahrungen hat?

Battliner: Den wollen wir nicht.

Es wird der Vorgang der Eröffnungssitzung [4] besprochen.

Es wird vereinbart.

Dr. Beck Präsident

Battliner Vizepräsident,

[Alois] Frick und [Franz Xaver] Hop [Hoop], Sekretäre,

Dr. Beck, Vogt, Quaderer, Peter Büchel, Marxer – Finanzkommission.

Dr. Beck: will nicht als Präsident kandidieren, man sagt, er sei auf dem Stuhl reich geworden. Er schlägt Walser vor.

Reg.Chef: Ohne sich an der Diskoussion zu beteiligen: Ich würde gerne Walser als Präsidenten sehen, da Vaduz nur einen Abg. hat. Gassner kommt leider für die Finanzkommission nicht mehr in Frage.

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[1] LI LA LTP 1926/010.
[2] Feger leitete die Sitzung als Alterspräsident.
[3] Marxer hatte für die Fortschrittliche Bürgerpartei für den Landtag kandidiert, verfehlte mit 588 Stimmen das absolute Mehr von 662 Stimmen jedoch deutlich. Im Wahlkampf war er von der Volkspartei heftig angegriffen worden, vgl. z.B. L.N., 9.1.1926, S. 6 ("Religion und Politik", "Ruggell").
[4] Vgl. LI LA LTP 1926/001.