Der Landtag wählt Gustav Schädler zum Regierungschef


Protokoll der Landtagssitzung, gez. Landtagspräsident Wilhelm Beck sowie Schriftführer Stephan Wachter und Felix Gubelmann (maschinenschriftliche Abschrift) [1]

6.6.1922

I. Regierungswahl

Präsident: Oberlehrer [Alfons] Feger habe die Erklärung abgegeben, dass er als Regierungschef nicht in Betracht komme wegen seines Gesundheitszustandes. Präsident verliest Fegers Eingabe und sein ärztliches Zeugnis. [2] Es sei bedauerlich, dass Feger eine Wahl nicht annehmen konnte. Präsident könne Feger für seine mühevolle Arbeit nur danken. Wir stehen vor der Tatsache, dass wir den Regierungschef heute wieder wählen müssen; so geht es nicht weiter. Regierungsrat Gubelmann sei verfassungsgemäss berufen, auf den Regierungschefposten sei Gubelmann gekommen wie der Pontius [Pilatus] ins Credo. [3] Wir müssen unbedingt heute zur Chefwahl schreiten. Feger soll der Dank des Hauses ausgesprochen werden. Die Frage der Wahl sei zur Diskussion gestellt.

Wachter: Nachdem der Fürst [Johann II.] ins Land komme, möchte er die Frage der Wahl verschieben, um Ruhe ins Land zu bringen. Die Sache sei zu überstürzt gekommen, durch ein Telegramm seien wir zur Wahl gedrängt worden.

Präsident: Die Anregung Wachters gehe dahin, die Wahl zu verschieben, bis der Fürst komme. Von einer Überstürzung könne keine Rede sein. Er wäre dankbar, wenn der Fürst die Bestellung hier selbst vornehmen könnte, aber der Besuch sei wieder verschoben worden. Das Volk verlange, dass die Wahl jetzt vorgenommen werde.

Wachter: Die Abgeordneten seien mit sich selbst nicht einig.

[Anton] Walser:[Josef] Ospelt habe demissioniert aus Gesundheitsrücksichten. Man habe gewusst, dass er nicht gesund sei, aber dass Ospelt so krank sei, habe er nicht gewusst. Feger habe dann die Stellvertretung übernommen. Feger habe seine Kräfte schon durch 42 Jahre dem Schuldienste aufgeopfert, für die Dauer werden seine Kräfte den Regierungsgeschäften nicht mehr gerecht. Er möchte betonen, dass Feger seine Kräfte gerne zur Verfügung gestellt hätte. Walser glaubt, dass Feger heute einstimmig gewählt worden wäre. Die Verfassung verlange wieder die Stellungsnahme zur Chefwahl. Die Verhältnisse zeigen, dass wir einen jungen, kräftigen Mann an die Regierung benützen [4] müssen und zwar, wie wir hoffen, für längere Zeit. Er könnte die Verantwortung an einer Verschiebung nicht mittragen. Man könne mit gutem Gewissen zur Chefwahl schreiten. Es sei unbestimmt, wann der Fürst ins Land komme. Der Besuch sei eben wieder verschoben worden. Der Fürst selbst habe zur Chefwahl schon Stellung genommen. Er sei einverstanden mit der Wahl [Gustav] Schädlers zum Regierungschef. Mit Schädler werde ein kräftiger, eifriger Mann gewonnen. Er habe volles Vertrauen, er beantrage die Wahl.

[Baptist] Quaderer: Geht mit Wachter einig und beantragt Verschiebung. Schädler stehe uns auch sonst zur Verfügung.

Wachter: Bleibt auf seinem 1. Antrag. Durch Schädlers Wahl würden zwei Stellen frei. Wir müssten für einen Reallehrer sorgen und für einen Regierungsrat.

Präsident verliest das Schreiben, dass der Fürst mit Schädlers Wahl einverstanden sei. [5]

Wachter: Ein Wort des Fürsten gelte ihm mehr als 20-30 Telegramme der Kabinettskanzlei. Wenn der Fürst in diesem Monate nicht ins Land komme, dann könnte man die Wahl ja sonst vornehmen.

Walser: Wenn der Fürst nicht komme, bleibe die Stelle vakant. Es sei nicht gleich, wenn diese Kraft nur als Rat dasitze. Er halte es für recht, dass dieser Mann auf den Chefposten komme. Einer Verschiebung stimme er nicht zu.

Präsident: Er wisse nicht, was Gubelmann dazu sage. Aber jedenfalls hätte er auch andere Arbeit.

Gubelmann: Schon seit drei Wochen sitze er jetzt bei der Regierung, er hätte auch andere Arbeiten, ihm gehe zu Hause mehr zu Grunde, als er hier verdiene. Er habe immer auf die Wahl gedrängt. Nur damit sei dem Lande nicht gedient, wenn er hier sitze und seinen Namen unter die Schriftstücke setze.

Wachter: Von einem Provisorium fallen wir seit Jahren ins andere. Man könne also ruhig noch drei Wochen warten. Den Wunsch Gubelmanns müsse man respektieren, es gebühre ihm Dank für seine Arbeit. Ob nicht ein Beamter die Geschäfte erledigen, d.h. vorbereiten und der kollegialen Regierung vorlegen könnte. Eventuell könnte [Josef] Hoop das machen.

Präsident: Die Wahl sei von Wien aus urgiert. Er lasse über Wachters Antrag abstimmen.

Büchel: [6] Er werde seinen Standpunkt in der Abstimmung festlegen. Über die Person rede er nicht: Wachter habe mit seinen Argumenten recht, wenn er sie ins Treffen führe.

Mit grossem Mehr wird sofortige Wahl beschlossen.

Präsident: Es sei nötig, dass wir heute zur Wahl schreiten. Der Posten könne nicht mehr länger verwaist bleiben. Es seien noch Gesetzentwürfe von der alten Regierung, die viel Arbeit geben.

Das Ergebnis der Wahl:

7 Stimmen: Schädler.

1 Stimme: Dr. Hoop.

4 Stimmen: leer.

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[1] LI LA LTP 1922/078. Es liegt auch ein unvollständiges handschriftliches Protokoll vor (LI LA LTP 1922/068-072). Dieses ist, da es am rechten Rand leicht beschnitten wurde, nicht mehr zweifelsfrei lesbar und konnte daher nicht als Editionsgrundlage verwendet werden.
[2] LI LA LTA 1922/L15, Feger an Landtag, 1.6.1922; LI LA LTA 1922/L15, Arztzeugnis von Josef Beck, 24.5.1922.
[3] D.h. unverdient, zufällig.
[4] Verm. irrig für "berufen", wie es im handschriftlichen Protokoll heisst.
[5] LI LA LTA 1922/L14, Aktennotiz der Kabinettskanzlei, 31.5.1922.
[6] Eher Peter Büchel als Johann Büchel.