Helsingfors, 2. Nov. 1897.
Musikinstitut.
/.../ Was mich selbst betrifft, so ersehen Sie aus beiliegenden Programmen aufs Neue, dass ich Sie nie vergesse. Das Programm zum 12. kam eben aus der Druckerei und dürfte Sie wohl interessiren. Ihr schönes Conzert habe ich noch nie mit Orchester gespielt, und auch meine Festouverture werde ich zum ersten Male hören, während ich die beiden anderen Nummern letzten Sommer in München aufführte. Die Kritik unserer schwedischen Hauptzeitung pries die Schönheiten Ihres Clavierquartettes[1] in ausführlicher Weise und erwähnte unter anderem, dass ich mit fühlbarer Begeisterung die Schöpfung meines Münchener Lehrers interpretirt hätte. Hoffentlich geht es auch nächste Woche gut!
Gegenwärtig bin ich nicht recht auf dem Damme, doch in 2-3 Tagen hoffe ich der Alte zu sein. Das Schöne in Helsingfors ist, dass man in meiner Stellung Fortschritte machen muss, da man zu fortwährender neuer Arbeit gezwungen ist. Auch bin ich sehr angesehen hier, habe so viele gut bezahlte Stunden, als ich will, gute Schüler und anständige Collegen - was kann ich gegenwärtig mehr wünschen?
Ich arbeite aber ruhig weiter und hoffe, doch noch einmal mehr zu bedeuten und dann komme ich nach Deutschland. Frau und Kind sind wohl; die Kleine hat schon Clavierstunden bei einer Musikinstitutslehrerin und Violinstunden bei Herrn Conzertmeister Sitt, dem Bruder des Leipzigers, angefangen. Sie liebt das Es-dur Conzert von Beethoven am meisten und möchte es immer spielen, - das hat wohl noch Zeit!
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Empfangen Sie die herzlichsten Grüsse - sowie die meiner Frau - von Ihrem dankbar ergebenen
Walter Petzet.
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[1] Ihres Clavierquartettes = op. 38 in Es-dur, komp. 1870.