Rheinberger schreibt an seine Nichte Hermine betreffend den Gesundheitszustand seines Bruders Peter


Bad Kreuth, 5.8.93

Meine liebe Hermine!

Der Inhalt Deines Briefes hat mich unendlich betrübt und besonders weh thut es mir, meinen lieben Bruder, Deinen Vater, nicht besuchen zu können, indem ich selbst durch das vergangene furchtbare Jahr in meinem Nervensystem total erschüttert, nicht reisefähig bin und die grosse Aufregung des Wiedersehens vor Allem dem lieben Kranken (und leider auch mir) sehr verhängnisvoll werden müsste. So traurig es ist: unter diesen Umständen ist es für uns Alle am besten, wenn wir uns nicht sehen! Was Olga nicht weiss, und ich bisher Niemand gesagt habe: ist, dass seit wohl zwei Jahren mir jede heftige Gemüthsbewegung Blutspucken verursacht, und das kam auch seit dem Tode meiner lieben Frau wiederholt vor. Sage also dem theuren Kranken, dass ein Wiedersehen für ihn zu angreifend wäre - es ist dies Gewissenssache; seine Familie könne aber in Allem auf mich zählen und ich danke ihm für seine brüderliche Freundschaft und Liebe im ganzen Leben. Was er vor Allem braucht, ist körperliche und geistige Ruhe. Das übrige Gott anheim gestellt!

Deiner lieben, schwer geprüften Mutter und Euch Allen herzliche Grüsse von Eurem

innigstbetrübten Onkel
Jos. Rheinberger.

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