München, 27.10.1889.
Mein lieber Schwager Peter!
Heute (Sonntag) Mittag erhielten wir durch H. Schlegel die traurige Mittheilung von David's Erkrankung. - Zugleich die tröstende Kunde, dass er nicht allein in seinem Hause liegt, sondern dass Ihr in so liebevoller Weise ihn ins Rothe Haus einquartirt habt. Deine liebe Frau ist, wie ich glaube, eine vollkommene Krankenpflegerin, und Deine Töchter werden dem guten Onkel von unendlicher Hülfe und liebem Troste sein!
Curt hatte vor 14 Tagen einen heftigen Schnupfen mit darauffolgendem Husten - er ist immer so verschleimt auf der Brust; doch geht es ihm jetzt besser. Er lässt Euch Alle, besonders David, tausendmal Grüssen und ihm von Herzen- gute Besserung wünschen.
Es that mir auch leid zu hören, dass es Frau Verwalter wieder weniger gut geht. Vielleicht thut ihr doch einmal die Kneipp-Kur gut? - Kneipp lässt bei Blasenschmerzen Dämpfe von Heublumen, auch Heublumen-Überschläge machen, sowie er es in seinem Buche beschreibt.
Viele Ärzte nehmen jetzt schon theilweise die Kneipp'sche Heilmethode an; denn seine Erfolge streifen ans Wunderbare. Wir sprachen heute davon, dass wenn sich ein Liechtensteiner entschliessen könnte, bei Kneipp zu studiren und solch ein Bad in Vaduz zu etabliren, er zu grosser Kundschaft kommen könnte, denn die Heilerfolge sind unglaublich. Und Kneipp kennt auch die Heilstoffe und Kräuter in der Natur so genau.
Ich habe durch conseguente Kaltwaschung und darauffolgendes halbstündiges zu Bette gehen mich bis jetzt sehr abgehärtet. Möge es so bleiben! Nur mit dem frühen Kirchengehen will ich mich recht in Acht nehmen.
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