München, 18. März 1889.
Mein verehrter Herr Professor und Hofkapellmeister!
Am vergangenen Sonntag erfuhr ich in der Kirche von Herrn Regierungsrath Stetter zu meinem Erstaunen, dass Sie Ihren fünfzigsten Geburtstag feierten, den fünfzigsten Geburtstag!!
Als ich dem kleinen Rheinberger an der Orgel sitzend im Musikkonservatorium ein Thema zur Ausführung gab! und jetzt feiert er seinen fünfzigsten Geburtstag! Und doch keine Nachricht hat mich wie diese gefreut, so alt ich geworden bin. Und jetzt kommt der heilige Joseph auch noch dazu! Ich weiss nicht, worauf ich zu gratulieren anfangen soll! S.k.H. der H. Prinzregent hat Sie verdientermassen auch noch zum Maximiliansritter gemacht.
Es wird mir schwindlig, meine alten Augen taugen weder zum Lesen noch zutn Schreiben. Ich schreibe mehr dem Gefühl als dem Gesicht nach; das ist noch möglich!
Also! Ich gratuliere Ihnen tausendmal und bitte, sich manchmal zu erinnern
Ihres
alten Freundes
Ihrer hochverehrten Frau Gemahlin herzliche Grüsse. Ich hoffe, sie
ist wieder ganz wohl
geworden!
Schafhäutl.
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