Hugo Riemann erkundet sich bei Josef Rheinberger über die Möglichkeit einer Anstellung an der Kgl. Hofbibliothek.


Anfang 1888

Hochgeehrter Herr Professor!

Indem ich mir erlaube, Ihnen zum Neuen Jahr die besten Wünsche darzubringen, möchte ich mich zugleich wieder einmal bei Ihnen in Erinnerung bringen.

Es war anno 1879 im Herbst, wo ich einige Wochen auf der Münchener Bibliothek arbeitete und mich zugleich der Hoffnung hingab, dort ein dauerndes Heim zu finden. Heute möchte ich mich nun von neuem im gleichen Sinn melden, d.h. wenn Sie einmal eine Vakanz haben, so bin ich bereit, nach München zu kommen, da mich nach Wiederaufnahme akademischer Carière verlangt. Die grossartige dortige musikalische Bibliothek lockt mich ganz besonders.

Hoffentlich haben mich die mancherlei neuen Gedanken, die ich besonders auf rhythmischem Gebiet aufgestellt, nicht bei Ihnen in den Geruch eines schrecklichen Umstürzlers gebracht, wovon ich nämlich beinahe das Gegentheil bin, nämlich ein fast exclusiver Vertreter unsrer Klassiker.

Ich fürchte, Sie nähmen es als plumpe Schmeichelei auf, wenn ich meiner Verehrung Ihrer künstlerischen Eigenart hier Ausdruck gebe und ziehe es daher vor, Sie auf mein Lexikon zu verweisen.

Bekannt genug habe ich mich in letzter Zeit gemacht, ob vortheilhaft, bleibt vielleicht abzuwarten.

Also, wenn Sie mich eines Tages sollten brauchen können, so würde ich keine unerschwinglichen Bedingungen stellen (4500 Mark). Damit halte ich mich Ihnen bestens empfohlen. Mit der Versicherung spezieller Hochachtung ganz Ergebenst

Dr. Hugo Riemann.

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