Artikel über einen Konzertabend bei dem vorallem Josef Rheinbergers Werk (op. 147) hervorgehoben wird.


08.04.1887

Die Herren Walter, Thorns, Ziegler und Wihan boten in ihrer dritten und letzten Quartett-Soirée am Mittwoch (6.4.1887) ein besonders werthvolles Programm, das nicht verfehlte, trotz des schönen Abends und der sich nun immer mehr bemerkbar machenden Hitze in unseren Concertsälen. Die Herren Walter, Thorns und Wihan spielten zuerst das dritte (c-moll) jener drei Streichtrios, op. 9. Der trefflichen Aufführung dieses noch ziemlich zahmen Beethoven folgte die einer hochinteressanten Novität, eines Quartetts in F-dur für zwei Violinen, Bratsche und Violoncell (op. 147, Manuscript) von Joseph Rheinberger, das uns in mehrfacher Hinsicht überrascht hat. Auf einen klaren und sogleich lebhaft anregenden ersten Satz, einem Allegretto, folgt nämlich als zweiter ein Adagio von so wunderbarer Klangmischung und so kühnen Modulationen, dass die Freude des Componisten, der sonst für einen Vertreter herber Classicität gilt, über diese Concessionen an eine sonst verfehmte moderne Richtung anfangs nicht wenig erstaunt waren. Aber auch die Aengstlichsten müssen sich bald bei der sieghaften Ruhe und Sicherheit, mit der die kühnen Tonfolgen sich ablösen und zu zwingender harmonischer Wirkung aufbauen, und die bei Rheinberger auf der felsenfesten Unterlage eines riesigen contrapunktischen Wissens und Könnens ruht, beruhigt gefühlt haben. Diesem vom ersten bis zum letzten Ton durch den Ernst und die Energie seiner Melodie fesselnden Satze folgt als dritter ein frisch einsetzendes Menuett, das zum Schlusse des vorhergehenden Satzes im wirksamsten Gegensatz steht. Im vierten Satze vertieft sich der Componist mit sichtlicher Lust in die schwierigsten Probleme der Fuge, die der schöpferischen Kraft Rheinbergers selbstredend besonders zusagen muss, und welche die selbe brillante Mache aufweist, wie das ganze Werk, welches das Auditorium zu so anhaltenden Beifall hinriss, dass sich der im Saale anwesende Componist wiederholt von seinem Sitze dankend erheben musste. Unser treffliches Walter-Quartett hatte sich mit der Aufführung des grosse Schwierigkeiten bergenden Rheinbergerschen Werkes aber auch alle Mühe gegeben, die sich denn nun belohnt fand.

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