Die Augsburger Allgemeine Zeitung berichtet über die Aufführung des Christophorus in München


Augsburger Allgemeine Zeitung, 29. Dezember 1882

Das letzte Akademie-Concert ausser Abonnement brachte uns am 25. zwei bedeutende Weihnachtsgaben: Joseph Rheinbergers Legende „Christophorus“, Gedicht von F. v. Hoffnaass, componirt für Soli, Chor, Orchester und Orgel (op. 120) und Beethovens Neunte Sonfonie (D-moll, op. 125) mit dem Schlusschor über Schillers Ode „An die Freude“. Rheinbergers neuestes Oratiorienwerk kam hier zum ersten Male zur Aufführung, hat aber bereits in Leipzig zwei Aufführungen, die erste in der dortigen Sing-Akademie, die zweite am 7. im neunten Gewandhaus-Concert, erlebt und soll nächstens auch in Paris zu Gehör gebracht werden In dem hochmusikalischen Leipzig hat der „Christophorus“ nicht nur die Feuerprobe bestanden, sondern es vereinten sich auch alle berufenen Stimmen in rückhaltloser Anerkennung und Bewunderung der jüngsten Schöpfung des bekanten Componisten. Der „Christophorus“ ist nicht nur das bisher grösste oratorische Werk Rheinbergers, sondern darf in der That auch als sein bedeutendstes gelten. Die Dichtung, welche die bekannte Legende vom hl. Christophorus in poetisch-sinniger Weise frei bearbeitet, kommt mit ihren ernsten, religiös empfundenen Werden den künstlerischen Intentionen des Componisten auf halbem Wege entgegen. […]

Die vom Componisten geleitete Aufführung war, namentlich was Chor und Orchester betrifft, eine vorzügliche. Der Chor war von der k. Vokalkapelle verstärkt durch Musikfreunde, gebildet, die Orgel spielte Hr. Musikdirektor Otto Hieber. Die Baritonpartie des Riesen lag Hrn. Hofopernsänger Fuchs stellenweise zu hoch, er zog sich aber recht gut aus der Affaire. Den „Einsiedler“ hatte Hr. Mikorey, die „warnende Stimme“ Frl. Blank, die „lockende“ und des „ Christkinds Stimme“ Frl. Herzog übernommen. Letztere sang insbesonders den Ruf „Hol über!“ mit einem mustergültigen, gleichsam aus weiter Ferne vernehmbaren Pianissimo. Der Beifall, den die Aufführung des „Christophorus“ fand, war schon nach der treffend concipirten Ouvertüre ein herzlicher, und steigerte sich zum Schlusse zu mehrmaligen begeisterten Hervorrufen.

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