München, 04. Dezember 1882
München, den 4. Dez. 82.
Sehr geehrter Herr!
Die von Ihnen meiner Frau übersandte schöne Broschüre über den „musikalischen“ Goethe hat mich höchlichst interessirt und habe ich manches mir Neue daraus inne geworden. Der alte Herr hatte doch auch in musikalischen Dingen oft ein merkwürdig gesundes Urtheil, namentlich ist seine Würdigung Mozarts frappant und dürfte manchen der damaligen (und gegenwärtigen) Musiker beschämen. – „Scherz, List und Rache“ [1] machte mir seinerzeit viel Beschwer; es war nämlich mein erster kindlicher Versuche einer Oper – ich brachte wirklich einen Band von fast 400 Partiturseiten zu Stande und war nicht wenig stolz, das Riesenbuch meinen Lehrern und Mitschülern zeigen zu können. – meine Frau, die sich Ihnen bestens empfiehlt und für das Büchlein dankt, wird Ihnen gelegentlich selbst darüber schreiben. – Aufgefallen ist mir, dass über Goethe’s Begegnung mit Beethoven nichts gesagt ist. So viel ich weiss, haben die beiden Herren sich doch getroffen und Ersterer muss sich auch da oder dort über die Egmontmusik geäussert haben. Nicht? Verzeihen Sie diese kleine Ausstellung an dem sonst so reizenden und fesselnden Aufsatze.
Mit hochachtungsvollem herzlichem Grusse Ihr ergebenster
Josef Rheinberger
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[1] Komische Oper in 4 Akten nach J. W. von Goethe, komponiert 1854 (JWV 28).