Brief von Max Stahl an Jos. Rheinberger:
München, 26. April 1873
Hochgeehrtester Herr Professor!
Der grosse Wurf ist gelungen; die ersten Vorstellungen von "Thürmers Töchterlein" haben reussiert. Es erübrigt nur mehr, die delikateste Frage, die finanzielle, welche wir schon einmal berührt, aber auf meinen Wunsch bis jetzt offen gelassen haben, zu lösen. Da ich es vorziehe, in dieser Beziehung tabula rasa zu machen, nehme ich mir die Freiheit, Sie um Verabfolgung der nach eingezogenen Erkundigungen für die Librettisten übliche Pauschalsumme von 300 fl. ergebenst zu ersuchen. Verzeihen Sie, dass ich den schriftlichen Weg hierzu gewählt habe; es widerstreitet gänzlich meiner und, wie ich vermuthe, auch Ihrer Natur, derartige subtile Fragen mündlich zur Bereinigung zu bringen.
Indem ich mich der freudigen Hoffnung hingebe, Sie nebst Frau Gemahlin bei nächster freier Zeit begrüssen und gemeinsam mit Ihnen die herzlichste Freude über das Wohlbefinden unseres Töchterleins ausdrücken zu können, verbleibe ich unter den Ausdrücken grösster Hochachtung
Ihr ergebenster
Max Stahl.
P.S. Frau Diez war gestern die Aufopferung u. Liebenswürdigkeit selbst: obwohl mit einem Halsleiden behaftet, sandte sie den bereits geschriebenen Absagebrief nicht an die Intendanz, um die Aufführung zu ermöglichen.
Hoffentlich ist sie bis zu der am 1. Mai angesetzten Wiederholung der Oper wieder genesen.
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