Brief von C. Brulliot an Jos. Rheinberger:
Carlsruhe, 15.12.1872.
Sehr geehrter Herr!
Zürnen Sie mir nicht allzu sehr, dass ich Ihre freundlichen Zeilen so lange unbeantwortet liess. Einerseits war es eine grenzenlose Geschäftsüberbürdung, die mich nicht dazu kommen liess, andrerseits gab mir der Gedanke, dass Herr Zenger, dem die musikalische Leitung Ihrer Oper übertragen ist, sich, wie er mir sagte, längst mit Ihnen ins Benehmen setzte, den Muth, so lange Ihre Nach-. sicht in Anspruch zu nehmen.
Ich zweifle nicht, dass es uns auch hier gelingen wird, Ihrem Werke den Erfolg zu erringen, der ihm in so gro- ssem Maasse an andern Bühnen zu Theil wurde. Lässt auch das Textbuch, welches in seiner opernschablonenhaften Art den dilettantischen Dramatiker verräth, Manches zu wünschen übrig, so gleicht Ihre eigene gediegene musikalische Arbeit den Schaden wieder aus. Ihren szenischen Bemerkungen werden wir bestmöglich nachzukommen suchen, und hat auch. bereits einer unsrer Maler bei seiner zufälligen Anwesenheit in München auf meinen Wunsch hin sich über die dortige dekorative Anordnung einiger Massen unterrichtet.
Den Zeitpunkt der hiesigen Aufführung können wir noch nicht. genau bestimmen, und glaube ich nicht, dass dieselbe vor Mitte März oder Anfang April zu bewerkstelligen sein wird, indem die Copiaturen eine geraume Zeit erfordern, und uns auch sonst noch eine Anzahl dringender Arbeiten vorliegt. -
Ihrer persönlichen Bekanntschaft mit Vergnügen entgegensehend zeichne ich
mit vorzüglicher Hochachtung
Ihr ergebenster
C. Brulliot.
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