Franziska Rheinberger beklagt sich darüber, dass Peter Rheinberger beim Fürsten um eine Spielbank bitten geht.


Brief von Franziska Rheinberger an David Rheinberger:

München 21. November 1872

Lieber David!

Gestern wurden wir durch einen Brief Peter's recht ernstlich betrübt. Er schreibt, dass er als Mitglied einer liechtensteinischen Deputation zum Fürsten reise um die Gestattung einer Spielbank zu erflehen. Curt wurde ganz blass und innerlich sehr erregt, als er diess las; denn dem Namen Rheinberger wird durch diese That kein schönes Denkmal gesetzt. Peter schreibt von der Noth des Landes etc. Allein im Grunde ist diess doch derselbe Fall, als ob ein Mädchen sich in äusserster Dürftigkeit befände und gäbe sich den bereichernden aber entehrenden Anträgen eines Banquiers preis. Wenn mir Peter schreibt, dass ich dann auf dem civilisirten Boden Liechtensteins Gelegenheit haben würde die Compositionen meines Mannes in bester Weise aufgeführt zu hören, so muss ich erwidern, dass ich darauf verzichte, vor dem Auswurf der ganzen Welt, wie sie sich in Baden-Baden versammelt, die Noten meines Mannes hören zu lassen. Die Deputation hätte einen ehrenhaften Sinn, wenn sie um energische Hülfe gegen die Rheinüberschwemmungen gefleht hätte - aber so ist es traurig, dass der Fürst auch den Namen Rheinberger gemeldet bekommen wird. -

Wüssten wir, wo Peter in Wien ist, oder hätte er uns zwei Tage vor seiner Abreise geschrieben, so hätte ihm Curt telegraphirt; jetzt ist leider Alles zu spät. -

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Die Oper Curt's ist nun wieder bis Jänner verschoben, da Frl. Stehle nach Berlin reist. Curt ist es ganz einerlei. Wir haben jetzt einen neuen, ganz ausgezeichneten Hofcapellmeister, der uns sehr wohl gefällt, obgleich er Jude ist, gegen die ich sonst eingenommen bin.

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Schreibe uns nur recht bald wieder. Curt hat eben in diesem Jahre wieder so viel zu thun, dass er kaum eine Stunde im Tag frei hat!

In alter Aufrichtigkeit Deine Dich liebende
Schwägerin Fanny.

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