Der ehemalige Lehrer Sebastian Pöhly bedankt sich bei J. G. Rheinberger für die Zusendung der III. Orgelsonate, die ihm gewidmet ist


Brief von Lehrer Sebastian Pöhly an Josef Rheinberger:

 

Schlanders, 14.2.1876.

Euer Wohlgeboren !

Mit welcher Empfindung und Herzensfreude ich Ihre mir gesendete "Fotografie" und die mir gewidmete [1] "Pastoral- Sonate" mit dem verbundenen schönen Motto: "Seinem lieben Lehrer Pöhly in Schlanders in freundlicher Erinnerung an die Lehrzeit in Vaduz in den Jahren 1845-49" entgegennahm, finde ich keine Worte, es ausdrücken zu können. Ich lege dafür nur meinen herzlichen und aufrichtigen Dank mit freudig perlender Thräne gern nieder, mit der Bitte, gedenken Sie stets an Ihren alten Jugendlehrer!

Ich schätze es für mich als "Landlehrer" von grosser Ehre, dass sich ein so vorragender Künstler in der Gegenwart noch an seinen alten Lehrer erinnert. In den Zeitungsblättern hatte ich oft Gelegenheit, Ihr "gepriesenes Lob" zu lesen, was meinem Herzen immer recht wohl und stolz berührte. Ich dachte wohl fast täglich an meinen lieben "Peppi"! Überraschend war mir daher, dass Sie sich noch nach Umfluss von nahe 30 Jahren auf mich erinnerten.

Mein einziger Wunsch wäre nur noch in meinen alten Tagen, wenn ich Sie und Ihre werthe gnädige Frau Gemahlin sehen könnte und (mir) einmal der Kunstgenuss bereitet würde, diese mir gewidmete schöne aber für uns zu schwierige und unausführbare "Sonate" von H. Meister selbst spielen und hören zu können, - so wie andere Werke von Ihnen.

 

Allein was will ein armer "Landschullehrer" von "Tirol" machen, welcher in pekuniärer Hinsicht kaum sein Auskommen findet? Weshalb ihm nie das Glück zu Theil wird und kann einen solchen Kunstgenuss hören.

Zufällig erfuhr ich durch die Familie "Edle von Plaven" von hier, dass Sie recht glücklich mit einer werthen Anverwandten von derselben verehelicht sind, und dieselbe auch eine grosse berühmte Tonkünstlerin sein soll. Ich kann nur meine Gratulation deshalb ausdrücken, und ich wünsche von Herzen, dass es Ihnen und Ihrer werthen gnädigen Frau Gemahlin immer recht gut ergeht.

Zum Schlusse wünsche ich Ihnen zum herannahenden Namensfeste "all das Beste". Bei dieser Gelegenheit kann ich die Randglosse beizusetzen nicht unterlassen, wenn Sie sich noch erinnern dürften, dass Sie an diesem Tage als 9-jähriger Knabe die grosse Messe von Voigt unter meiner Leitung zu Hause spielten, wo ich Ihnen in den Zwischenspielen die Akkorde ins Ohr flüsterte. 0 welche Freude hatte nicht Ihr werther Vater und ich dazumal. Erinnern Sie sich noch auf das Wort, was Sie mir während des Spieles sagten: "Heute haben wir gewiss a Kalbl bekommen". Ich erzählte es dem lieben Herrn Vater, und dieser sagte:

"Sehen Sie das Kind!" Leben Sie recht wohl, und ich danke Ihnen nochmals mit thränenvollem Auge für die mich auszeichnende Bescheerung. Eine schöne Empfehlung an Ihre werthe gnädige Frau Gemahlin und mit tausend Grüssen mit dem wahren Wunsche, Ihnen noch einmal sehen und sprechen zu können; diess wird wohl nicht mehr in Erfüllung gehen. (Eine Fotografie werde ich Ihnen gewissenhaft bei nächster Gelegenheit senden).

Zeichne ich mich mit grösster Hochachtung

Euer Wohlgeboren ergebener

Seb. Pöhly

Lehrer.

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[1] Die Widmung auf dem Titelblatt der "Pastoral-Sonate" in G-dur, op. 88, lautet: "Seinem einstigen Lehrer HERRN S. PÖHLY gewidmet".