Brief von Johannes Brahms an Hermann Levi:
5.1.1874
Lieber Freund,
Das 7 Raben-Vorspiel müsste ich den 19ten hier haben und könnte es den 26ten zurückschicken. Ich bin nun durchaus nicht für das Ausleihen von Novitäten. Aber du hast keine Vorstellung, wie es hier jetzt aussieht. Der Krach hängt immer dunkler und schwerer über unsern Häuptern. Nun habe ich den Winter fast alles für die Konzerte neu anzuschaffen gehabt. M/eine/ Direktion tut mir wirklich leid. Ich möchte die Ouvertüre so gern machen und müsste doch mit einer andern fürlieb nehmen, wenn ich sie nicht leihen könnte.
Falls ich sie im nächsten Winter nicht wiederhole, tut dies jedenfalls Dessoff, der Rheinbergers Musik sehr liebt. Wir sind überhaupt höchst üppig im Anschaffen!
[im Original folgt ein Plakat]
Vielleicht tut R/heinberger/ selbst in Anbetracht unsrer höchst betrübten Börsenzustände [1] ein Übriges und legt seine Stimmen noch dazu./…/
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[1] In Oesterreich begann 1874 der Zusammenbruch der wirtschaftlichen Verhältnisse nach dem grossen Aufschwung während der sogenannten Gründerperiode.