Brief von Johann Georg Herzog an Jos. Rheinberger
Erlangen, den 25. Nov. 1870.
Lieber und geehrter Freund!
Sei nicht böse, dass ich Deinem lieben Brief so spät Folge leiste. Ich hatte sehr lange an den Folgen meiner schweren Krankheit, einer recht heftigen Diphteritis, zu leiden, und auch jetzt habe ich mich noch nicht ganz erholt. -
Und nun zum eigentlichen Zweck meines Schreibens. Es ist mir nicht möglich, alle Trios, die Du mir geschickt hast, zu benutzen, so vorzüglich und herrlich dieselben sind. Der Verleger geht nämlich auf keine bedeutende Vermehrung des Werkes ein um des einmal festgesetzten Preises willen. Darnach muss ich mich nun richten. Deshalb habe ich mir zur Benutzung die letzte Nummer (VIII) Deines Heftes abgeschrieben, um sie in dem Werke seiner Zeit zu benutzen. Ich kann gerade diese Nummer prächtig verwenden. Es wird Dir nicht schwer werden, einen Satz dafür zu schreiben. Deinem herrlichen Talent ist ja alles möglich. Geht das nicht, so kannst Du ja immerhin auch diese Nummer mitdrucken lassen. Denn jedenfalls erscheint Dein Heft früher als die II. Auflage der Orgelschule, und dann kann nicht leicht der Verleger etwas dagegen haben, wenn diese Nummer als einzelne Piece Aufnahme findet. Bei Schu1en hat man, so viel ich weiss, dieses Recht.
Und nun nehme mir halt, lieber Freund, diese lange Saumseligkeit nicht übel. Ich habe ein rechtes Verlangen darnach, Dich einmal wieder zu sehen. Du bist eigentlich doch ein recht glücklicher Mensch nach allen Seiten hin; darum sei ja recht fröhlich und zufrieden. Wenn Du Frl. Schmidtlein siehst, so grüsse sie recht schön von mir und sage ihr, dass der Trennungsschmerz noch lange nicht überwunden sei. An Deine verehrte Frau die herzlichsten Grüsse.
In aller Liebe
Dein treuer Freund
J.G. Herzog."
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