Friedrich Gernsheim bietet Jos. Rheinberger um Hilfe, damit sein Werk in München aufgeführt wird

Brief von Friedrich Gernsheim an Jos. Rheinberger

 
Cöln, 22.11.70.

Werther Herr College!

In der Hoffnung, dass Sie meiner noch nicht ganz vergessen haben, wende ich mich in folgender Angelegenheit an Sie. Ich bin eingeladen, Ende Dezember mein Clavierconcert in Wien zu spielen und beabsichtige, meine Rückreise über München zu machen. Es wäre mir nun sehr angenehm, mich auch dort künstlerisch bekannt zu machen & erlaube mir daher die Frage, ob sich in der ersten Woche Januar etwa eine Gelegenheit finden würde, mein Concert zu spielen? Es ist mir völlig unbekannt, wer jetzt die Odeonconcerte dirigirt,  und habe ich mich vor einigen Wochen in dieser Angelegenheit bereits an H/errn/ Hofkapellmeister Wüllner [1] gewendet, den ich von früher her persönlich kenne. Da mir derselbe jedoch bis heute nicht geantwortet hat, so erlaube ich mir, Sie mit diesen Zeilen zu belästigen, hoffend, Sie finden es nicht gar zu unbescheiden. Sie haben wohl die Güte und geben mir einige Winke, wie ich zum Ziele komme. Vielleicht bedarf es auch nur einer kleinen Unterredung zwischen Ihnen & Baron von Perfall [2], mit dem Sie ja befreundet, um die Sache zu ermöglichen.

Jedenfalls seien Sie meines Dankes im voraus versichert. Dass ich mich sehr darauf freue, endlich Ihre & Ihrer Frau Gemahlin persönliche Bekanntschaft zu machen, dies bedarf wohl kaum der Versicherung.

Mit den besten Empfehlungen an Ihre Frau Gemahlin und freundlichen Grüssen an Sie bin ich
mit voller Werthschätzung
Ihr ergebener
Fr. Gernsheim

/Nachschrift/ Es interessirt Sie wahrscheinlich, zu erfahren, dass für den nächsten Abend des hiesigen Tonkünstlervereins Ihr Duo in A moll [3] auf dem Programm steht. Ich werde das Vergnügen haben, es mit einem Collegen zu spielen.