Hedwig von Holstein schreibt an Fanny über persönliche Angelegenheiten und die 3. Aufführung von "Der Haideschacht"


Hedwig von Holstein schreibt an Fanny:


14. Februar 70.

Liebe Freundin!

Meines Mannes schiefen Zeilen will ich einige möglichst gerade beifügen. Es ist mir recht leid, dass Sie sich noch immer nicht wohl fühlen, ich merk' es Ihrem Schreiben an, noch mehr als wie Sie es in Worten sagen. Sie schonen sich doch? - Ich glaube nicht, dass Sie eine Meisterin darin sind, ich kann es auch nicht!

Dass meines Mannes Werk einen wichtigen Fürsprecher in Ihrem Gemahl haben werde, bezweifelte ich keinen Augenblick, nur glaubte ich nicht, dass er meines Mannes Brief noch in Mannheim erhalten werde.

Sagen Sie, haben Sie denn die Raben noch nicht in Leipzig eingereicht? Warum wollen Sie das nicht thun? Mein Franz hat zwar nicht den Einfluss, den der Ihrige hat, aber etwas könnten wir beide schon thun, ich habe wenigstens ein gutes Mundwerk wenn es gilt, ein schönes Werk, das mich durch & durch erwärmt & begeistert hat, zu loben. -

Ich ergötze mich immer daran, Ähnlichkeiten zwischen uns & unserm Geschick aufzufinden. Auch das haben die beiden Opern mit einander gemein, dass der 1. Act am wenigsten wirkt, & dass sich die Theilnahme, ja die Begeisterung mit jedem Act steigert. Ach, ich war glückselig bei dieser 3. Aufführung, als die Raben in Mannheim fliegen gelassen wurden. Ganz sorglos sass ich offen im Parquet, während ich mich die beiden ersten Male versteckt hatte, & genoss & genoss, besonders auch das Lob ganz unbefangener, sozusagen "gewöhnlicher" Leute in den Garderoben. Ich fiel meinem Manne halb närrisch vor Freude hinter einer Coulisse um den Hals, der gestrenge Herr Capellmeister stand dicht daneben, es war mir ganz gleichgültig.

Wenn mein Mann eine Dummheit mit der Seibert gemacht hat, so ist der Arme ganz unschuldig. Die Frau Sabatier hat es ihm zur Pflicht gemacht, diese Dame für seine Sache zu interessiren. Er hat es mehr aus Pietät für die Sabatier, als im Vertrauen auf die Allmacht der Frau oder Frl. Seibert getahn.

Bitte legen Sie es ihm nicht falsch aus, er ist so unbefangen & thut nichts zu seinen Gunsten von selbst, aber Alles, was ihm seine Freunde rathen. -

Gute, gute Besserung!

Von Herzen die Ihrige

Hedwig v. Holstein.

Nachschrift:

Eben les' ich meines Mannes Gekritzel und sehe, dass er Sie schon beim Vornamen nennt. D e r - na, ihm schwillt jetzt der Kamm!

Wenn der Brief zu Ihnen kommt, müssen Sie schon wieder an uns denken, das heisst mit guten Wünschen - er wird zur Zeit der 4. Vorstellung bei Ihnen sein. Sie hatten ganz recht, Ihr Gemahl hatte keine Silbe von seinem Mannheimer Erfolg geschrieben; darum ist es ein wahres Glück, dass
unsre bescheidenen Männer ein Paar Frauen haben, die Ihrer Manner Werke gegenseitig loben, ich wenigstens genire mich kein Bischen darin vor Ihnen!

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