Zum Jahreswechsel schreibt Rheinberger den gewohnten Brief an seine Eltern in der Heimat Vaduz:
Mein theurer Vater!
Viel Glück, Heil, Segen und vor allem Gesundheit zum neuen Jahre; möge uns der Himmel, der uns bisher das seltene Glück schenkte, beide Eltern bis ins hohe Alter im besten Wohlsein zu erhalten fernerhin gewogen bleiben!
Gestern Abend kam Maly glücklich an. Sie sitzt eben noch mit meiner Frau beim Frühstückstisch; nächste Woche will sie selbst schreiben.
Meine liebe Frau lässt allen Angehörigen das beste neue Jahr wünschen; vielleicht kommt sie dazu, es noch schriftlich zu thun. -
Der von Mali mitgebrachte Plan von Peters Hand gefällt mir ausnehmend gut; ich muss ihn noch ein wenig genauer studiren. Wir haben bisher in München noch kein entsprechendes Haus oder Häuschen finden können, das auch im Preise konvenable wäre; denn meiner Frau ware es nicht so sehr um das Haus, als um einen Garten zu thun.
Der gute David wird mir wohl bös sein, dass ich ihm schon so lange einen Brief schulde; er möge aber keinen Groll ins neue Jahr hinübertragen, denn solches ist unchristlich und eines biederen Gemüthes, wie das seinige, unwürdig. Was ja an Neuigkeiten' sich allenfalls ereignete, wurde doch durch meine Frau schon nach Vaduz berichtet. -
Der Winter ist nun mit aller Strenge eingezogen, wir haben eben die kältesten Tage und die Spatzen vor den Fenstern betteln und piepen den ganzen Morgen um ein bisschen Brod. Um das oder jenes zu fragen kann ich mir heute ersparen, da Maly aufs Beste Auskunft geben kann.
Und so bleibt mir nichts übrig, als meine Wünsche zu wiederholen, und die freudige Hoffnung auszusprechen, Sie auch heuer wieder zu sehen.
Mit herzlichen Grüssen von uns an Alle
Ihr dankergebener Sohn
Josef.
München, Sylvester 69.
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