J.G. Rheinberger konnte einige seiner Musikstücke an einen Verlag schicken. Vom Verlger E.W. Fritzsch erhält er Antwort.


Brief E.W. Fritzsch an J.G. Rheinberger
18. März 1867, Leipzig


Eigentlich sollte Ihrem 1. Brief von vorgestern gleich die Antwort gleich auf der Ferse folgen, doch da ich Ihnen heute die Correcturbogen nicht zuschicken konnte, so habe ich auch die Beantwortung bis heute gelassen.
Vorerst nun meinen herzlichsten Dank für Ihr so uneigennütziges Entgegenkommen; dass ich mich vor der Hand nur dafür bedanken kann, ist ein trauriges Zeichen der Zeit. Wegen der Partitur und Orchesterstimmen so hoffe und wünsche ich, dass gerade der vierhändige Clavierauszug der Sinfonie mir den Weg zum Druck erleichtern soll. Das eine der Hauptbedenken mit der hohe Ladenpreis ist, habe ich Ihnen bereits gesagt, denn wie kann sich eine Partitur um 9 fl Werth vertreiben? Wenn Sie damit einverstanden sind, so bemerke ich auf dem Titel zum vierhändigen Arrangement, dass Partitur und Stimmen abschriftlich zu beziehen sind, in welchem Falle ich Sie um Mitteilung der Kosten der Abschriften bitte. Da ich doch zu Ostern übers Jahr (also 1868) den Erfolg der Herausgabe der Sinfonie im 4-händigen Clavier-Arrangement beurtheilen kann, so lässt sich dann auch bestimmt ein Weiteres darüber sprechen. Dass ich Alles thun werde, was in meinen Kräften steht und dass ich, wenn nur irgend möglich, Partitur und Stimmen nachbringen will, will ich Ihnen jetzt schon versichern.
In Bezug auf das schon mehrfach besagte Arrangement will ich Sie noch fragen, ob ich nicht vielleicht auch den 3. Satz daraus einzeln drucken lassen soll? Für Verbreitung Ihres Namens diente er jedenfalls. Was, um es hier gleich zu sagen, die Ballade [1] anbelangt, so möchte ich diese vor der Hand noch nicht vom ganzen Hefte trennen, da in diesem Fall ja das Ganze nicht zu viel kostet, um specielle Liebhaber der Ballade vom Kauf zurückzuschrecken. Doch wenn Sie anders denken, so schreiben Sie mir umgehend. Recensionen über die Sinfonie möchte ich Ihnen keine neue beilegen. Die Baggsche, welche nur eine Abänderung des Titels will, haben Sie wahrscheinlich seibst gelesen.
Ich habe schon gedacht bei Ankündigung der Sinfonie zu bemerken, dass Herrn Bernsdorff ein Exemplar zu Diensten stehe, damit derselbe etwas gründlicher noch darüber kritisieren könne. Natürlich muss die Aufforderung satyrisch sein; ich thue dieselbe selbstverständlich nur allein als Verleger.
In 8 Tagen erhalten Sie wahrscheinlich einige fertige Exemplare von Op. 7, 8 und 9, sowie die Correkturbogen zu op. 2. Letzteres denke ich in zwei Heften erscheinen zu lassen, jedes derseiben erhält 22 1/2 Gr. Ladenpreis. Ist's Ihnen so recht? Wenn nicht, bitte ich um ungescheute Entgegnung. [2]
Ein Honorar müssen Sie aber für das vierhändige Arrangement nehmen, und wenn es auch nur Freiexemplare sind, die Sie doch nicht ausschlagen. Doch sehen Sie ja dasselbe recht genau durch, viele der von Ihnen in op.7 - 9 noch aufgefundenen Fehler sassen in den betr. Manuskripten.

Für heute noch herzliche Grüsse von Frau und Vater und Ihrem freundschaftlichst ergebensten

E.W. Fritzsch

Leipzig, 18.3.67

N.B. Schicken Sie mir doch gef. für Kiel und Holstein ein paar Visitenkarten von Ihnen.

Mein bester Herr Rheinberger!

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[1] die Ballade = "Ballade" aus "Drei Charakterstücke für das Pianoforte" op. 7 (Nr. 1: "Ballade", Nr. 2: "Barcarole", Nr. 3: "Ernster Tanz"). "Seinem Freunde Franz von Holstein in Leipzig".
[2] op. 7, 8 und 9, sowie ... op. 2 = op. 7 "Drei Charakterstücke" (s.o.), op. 8 "Waldmärchen", Konzertskizze für Pianoforte, op. 9 "Fünf Vortragsstudien für Pianoforte", op. 2 "Fünf Lieder und Gesänge für vierstimmig gemischten Chor".