J.G. Rheinberger verkündigt, dass er Franziska von Hoffnaaβ heiratet, und bittet sein Bruder David um Hilfe.


Brief an seinen Bruder David
3. April 1867, München


Mein lieber Bruder!
Du wirst durch den lieben Vater von meinem Entschluss, mich zu verheirathen gehört haben und wirst Dich mit den andern Geschwistern darüber freuen, denn Fanny ist eine in jeder Beziehung ausgezeichnete Frau, die ich eben so hoch achte, als ich sie liebe.
Letzten Dienstag vor 8 Tagen (meinem Namenstage) [1] war ich mit unserm Freunde Hofprediger Dusmann bei ihr zu Tische und da beschlossen wir, unsern Entschluss zu publiziren. Da wir beide nun hier sehr bekannt sind, so musste die Sache wohl ein bischen Sensation machen; ihre Eltern waren erst dagegen, haben nun aber auch zugestimmt, als sie von den ersten Ärzten vollständig beruhigt waren.
Gestern Abend brachte ich ihr Vaters zustimmenden Brief, den sie wohl heute beantworten wird.

Fanny ist zwar reich, trotzdem werde ich natürlich nicht von meiner Frau leben, wenn ich mich auch mehr der Composition widmen kann. Dieser Tage werden wir den Ehekontrakt machen. Um hier in München Insasse (nicht Bürger) zu werden, werde ich wohl meine Entlassung aus dem Liechtensteiner Unterthanenverbande nehmen müssen; schreibe mir doch umgehend, welche Schritte da gemacht werden müssen. - Du musst mir dabei behilflich sein, denn Ende April wollen wir Hochzeit machen. -
(Der angefangene Brief blieb liegen. Fortsetzung vom 3. April 1867 früh morgens 10 Uhr 3 1/2 Minute).
Vor allem muss ich meine Entlassung aus dem liechtenst. Unterthanen-Verband haben und ich beauftrage und bitte Dich die dazu gehörigen Schritte möglichst bald zu thun; ferner ist nöthig: ein Zeugniss über Schul- und Religionsunterricht, das der derzeitige Schulinspektor von Vaduz ertheilen wird. Wir möchten bis zum dritten Ostertag (23. April) Alles im Reinen haben. -

Sei also so freundlich, mir umgehend zu antworten. Fanny, die Alle freundlichst grüssen lässt, hat an Vater geschrieben; und vergeblich ein paar freundliche Zeilen von Maly erwartet. -

Wie geht es der lieben Schwester Lisa? Wir sind auch mit Hauptmann v. Schelhorn (der mit zur Inspektion in Vaduz war und den Peter kennt) befreundet; wenn Peter zur Hochzeit kommen könnte, so würden wir auch Hptm. v. Schelhorn als Zeugen bitten.
Ich habe heute sehr Eile, da ich bei den künftigen Schwiegereltern zu Tisch bin und zuvor noch manches zu besorgen babe.
Lebewohl und schreibe bald Deinem Dich liebenden Bruder Josef Rheinberger

M. 3/4 67.

NB. Taufzeugniss werde ich auch haben müssen, nicht wahr?

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[1] (meinem Namenstage) = 19. März (Josef)